Von Alexander dem Großen bis Napoleon Bonaparte: Christina Vayhinger geht in ihrem Ein-Personen-Stück „Der Kriegsherr“ im Orangerie-Theater den großen Anführern auf die Spur und fragt sich: Lernen wir nichts aus der Vergangenheit? Brauchen wir sogar den Krieg?

Kinderstimmen, spielerisches Geraufe aus dem Off. Die Bühne (von Vanessa Laumann) ist ein Leichenfeld, übersät mit Körpern, die Kriegen zum Opfer gefallen sind. Christina Vayhinger, die vom Text über die Regie zum Schauspiel fast alles übernimmt, ist von Kopf bis Fuß in schwarzes Leder gekleidet. „Ich bin ein Krieger und das ist mein Song“, singt sie, schreit sie. Was nach Heavy Metal klingt, ist ein Lied, das die Kriegsstimmung der US-Soldaten motivieren soll.

Doch erst einmal geht es zurück in vorchristliche Zeiten: Vayhinger schlüpft in die Rolle Alexander des Großen, des Königs von Asien. Dann spult sie wieder ein paar Jahrhunderte vor, wechselt zu Katharina der Großen. „Ich mag Kriege auch nicht besonders, aber sie waren nötig, um Russland stark zu machen“, sagt sie, fast so beiläufig, wie sie von ihren vielen Liebhabern berichtet. Denn der Krieg, der scheint eine der wenigen Konstanten der Menschheitsgeschichte zu sein.

„Land gegen Land, Staat gegen Staat, am Ende verlieren wir alle“

„Krieg ist ein Naturzustand“, sagt schließlich auch Napoleon Bonaparte. Mit 600.000 Mann zog er in den Russlandfeldzug. Hier ein paar Tausend, da eine halbe Million: Die Opfer, die Kollateralschäden wirken in Vayhingers Stück so abstrakt, dass sie so alltäglich werden, wie sie es tatsächlich sind.

Vayhinger schlüpft dafür nicht nur in die Rollen diverser Kriegsherren (und -frauen), sie wird auch zur Puppenspielerin: So spielt sie Richard E. Lee, Oberbefehlshaber der Südstaaten-Armee im Amerikanischen Bürgerkrieg, der mit Ulysses E. Grant, der die Nordstaaten-Streitkräfte anführte, Whisky trinkt. Die Puppen von Jan Hochbruck kommentieren wie ein griechischer Chor das Treiben auf der Erde. „Land gegen Land, Staat gegen Staat, am Ende verlieren wir alle“, sagt der eine lakonisch. Die Puppen lockern das Stück auf, erinnern mit ihrem Sarkasmus an Waldorf und Statler aus der Muppet-Show.

Die Collage der Kriegsgeschichte reicht bis heute

Damit nicht genug: Christina Vayhinger führt eine Marsch-Choreographie auf, die durch geschickte Lichtsetzung und passende Musik besonders bedrohlich und erhaben wirkt. Später wird sie zur Rapperin, die nach dem 11. September den Krieg gegen den Terror erklärt. Die vielen kleinen Episoden und zeitlichen Sprünge wirken unverbunden. Es entsteht eine Collage der Kriegsgeschichte, die bis heute reicht.

Denn heute, wo Drohnen ferngesteuert Ziele bombardieren können, wo ein Atomkrieg erschreckend wahrscheinlich wird und wo Menschen vor Krieg fliehen und Schutz fernab ihrer Heimat suchen, da sind Kriege in unseren Köpfen doch erstaunlich weit weg. Doch die Kriegsherren unserer Zeit, die kennt die Welt auch heute schon.
„Der Kriegsherr“ – die nächsten Termine: 23. und 24. März sowie am 11., 12., 13. und 14. April, jeweils 20 Uhr. Am kommenden Sonntag (25. März 2018) beginnt die Vorstellung um 18 Uhr. Orangerie-Theater, Volksgartenstraße 25, 50677 Köln. Kartentelefon: 0221 / 952 27 08

Autor: Fabian Schäfer
Foto: Gegner im amerikanischen Bürgerkrieg: Richard E. Lee und Ulysses E. Grant – bei Christina Vayhinger trinken sie gemeinsam Whisky. Foto: Maik Teriete