Köln | Wie findet man alleine in einer dunklen Welt sein Licht wieder? Das ist die Frage, die sich Jona stellen muss. Das Jugendstück„Jona, Gattung Mensch“von Christian Zell im Horizont-Theater zeigt auf amüsante Weise die Reise eines neugierigen Jungen, läßt dabei jedoch kaum Raum für eigene Interpretationen.

Die Welt ist dunkel, kalt und einsam. Das ist das Bild, das eine junge Frau (Tamara Hermanns) dem Publikum zu Beginn der Vorführung schildert. Sie ist Künstlerin, trägt einen weißen Kittel und Pinsel im Haar und führt fortan als Erzählerin durch die einzelnen Reise-Etappen von Jona (Finn Bank). Jona, mit viel zu großem Sakko und roten Schal, ist der Kleinste der Gattung Mensch.

Auf der Suche nach der eigenen Erleuchtung

Seine Lampe, die für ihn schon immer da war und schon immer geleuchtet hat, ging kaputt. Nun muss er in die dunkle Welt, um Licht zu finden. Die erste merkwürdige Gestalt, die er dabei trifft, ist zugleich die, bei der das Publikum am lautesten lacht. An einer Longe im Kreis laufend, einem Schweif am Rücken und Scheuklappen im Gesicht, läuft ein Pferd (Leon Kerscher) mit Schuhen, die klingen, als wären Hufeisen darunter. Sich immer wieder mit Wiehern unterbrechend erklärt das Pferd seine Mission: das große stark leuchtende Licht wiederzufinden, das die Menschheit braucht. Jona, der erst amüsiert ist vom unwissendem, eingeschränkt sehendem und immer den gleichen Weg laufendem Pferd, bemerkt schnell, dass er hier keine Hilfe findet und geht weiter.

Die nächsten Gestalten sind keine sprechenden Tiere und damit weniger absurd. Es folgt ein Roboter (Melanie Eaglestone), mit einem grellen Licht, das nicht nur Jona, sondern auch das Publikum blendet. Sein Lebensinhalt besteht allein darin, Kisten umzuräumen und nach seinem Autorisierungspass zu handeln. Auch er ist keine große Hilfe, doch so langsam scheint Jona durch die Begegnungen etwas zu verstehen. Eine größere Hilfe ist ihm dabei ein Pirat (Diana Seyerle), der im Dunkeln – betrunken, müde, allein, zwischen Rumfässern liegend – seine Kameraden vermisst. Doch Jona bringt ihn dazu über seine Geschichten zu singen und es wird heller.

Es folgen ein Landstreicher (Max Krämer), der ihm ganz besondere Streichhölzer verkaufen will, die besonders angenehmes Licht erzeugen, dessen verzweifelte, betrügerische Masche bei dem Kleinsten jedoch nicht funktioniert. Dann ein Mann (Christian Zell), der sichtlich verwirrt in der Küche kocht, sich nur der „Vater“ nennt und auf seine absurde Art in seiner hellen Küche glücklich wirkt. Schließlich eine Sportlerin (Kirsten Engelmann), die gestresst ihre Fitnessübungen perfektioniert. Sie weiß: Es wird hell um sie, sobald sie einen neuen Rekord schafft. Neben allen, die verzweifelt an dem Licht festhalten, dass sie gefunden haben, scheint Jona der Einzige zu sein, der seins verloren hat und noch nicht weiß, wo oder wie er es wiederfindet.

Zum Schluss ist der Kleinste groß geworden

In der Schlussszene wird es noch einmal ganz hell. Alle Figuren betreten die Bühne und stellen sich wie eine Skulptur auf einen Sockel. Durch das Licht und die Figuren, die sich bis in die Reihen des Publikums verteilt haben, hat man als Zuschauer das Gefühl Teil der Gruppe zu werden.

Die Künstlerin, die Jonas Reise kommentierte und damit dem Publikum kaum Platz für eigene Interpretationen ließ, betrachtet die Skulpturen wie ihre eigenen Projekte. Dabei sieht es aus, als würde sie mit ihrem Pinsel letzte Verbesserungen vornehmen. Während sie malt, versteht Jona langsam, was dem Publikum schon lange bewusst ist: Er, Jona, der Gattung Mensch zugehörig und der Kleinste seiner Art, findet sein Licht, sobald er seine Funktion im Leben gefunden hat und im wahrsten Sinne des Wortes groß geworden ist.

[infobox]„Jona, Gattung Mensch“ – die nächste Vorstellung: 4. April, 11 Uhr.Horizont-Theater, Thürmchenswall 25, 50668 Köln, Tel. 0221 / 13 16 04

[/infobox]

Autor: Von Franziska Venjakob | Foto: Horizont-Theater
Foto: Auf der Suche nach dem Licht: Finn Bank und Max Kramer in „Jona, Gattung Mensch“. | Foto: Horizont-Theater