Köln | „The Lost and Found Orchestra“, so lautet der Name der jüngsten Produktion von Luke Cresswell und Steve McNicholas, den kreativen Köpfen hinter dem unvergessenen Rhythmusspektakel „Stomp“, die heute, am 14. August 2014, Köln-Premiere in der Philharmonie feiert. Im Interview mit report-k.de erzählten die beiden, was hinter dem Konzept für das außergewöhnliche Musikprojekt steckt und was dabei die größte Herausforderung war.

report-k.de: Welche Idee steckt hinter dem „Lost and Found Orchestra“?

Luke Cresswell: Wir haben, neben „Stomp“ viele Filmsoundtracks realisiert und dabei auch auf sehr unorthodoxe Methoden zurückgegriffen, um bestimmte Sounds zu produzieren. Eines Tages haben wir uns überlegt: Wäre es nicht toll, alle diese außergewöhnlichen Sounds in einem Orchester zu bündeln und zu einem Theater-Erlebnis zu machen.

Steve McNicholas: Es gibt noch einen zweiten Grund für die Entstehung des Orchesters: Wir tun das, weil es sonst niemand tun würde und auch tun könnte. Kurz gesagt: Wir tun es, weil wir es lieben und weil wir es können. Vor allem hat „The Lost and Found Orchestra “ auch den Effekt, genauso wie wir es schon bei „Stomp“ beobachtet hatten, den Effekt, dass sich vor allem auch jüngeres Publikum davon angezogen fühlt und ihnen unser Orchester und auch „Stomp“ diesen jungen Zuschauern zu ihrer ersten Theater-Erfahrung überhaupt verholfen hat. Beide haben also dazu beitragen, dass junge Menschen zum  ersten Mal überhaupt ein Theaterhaus betreten und das, was sich darin abspielt, für sich entdecken. Auch über „Stomp“ und „The Lost and Found Orchestra“ hinaus.

Worin sehen Sie den Hauptunterschied zwischen früheren Produktionen wie „Stomp“ und dem „Lost and Found Orchestra“?

Luke Cresswell: Was beiden Shows gemeinsam zugrunde liegt ist, dass sie für das Theater und aus der Sicht von Musikern geschrieben sind. In „Stomp“ geht es vor allem um Rhythmus und Rhythmus inspiriert zu Bewegung und Choreografie. Und obwohl alles bei „Stomp“ ein bisschen verrückt ist, vermittelt es dir Emotionen. „The Lost and Found Orchestra“ ist dabei wesentlich melodischer.

Steve McNicholas: Wenn die Zuschauer unsere Show besuchen, und die Musik hören, die mehr Melodie besitzt als „Stomp“, wollen sie herausfinden, woher bestimmte Geräusche stammen und wie die Musiker auf der BÜhne dieses oder jedes Geräusch erzeugen. Das ist der Unterschied zu einem gewöhlichen Konzert. Man sieht die Instrumente, weiß wie sie klingen und macht sich über das Entstehen der einzelnen Töne keine weiteren Gedanken.

Bei „The Lost and Found Orchestra“ erschließt sich das alles erst beim Zuhören. Das Publikum versteht nach längerem Zuhören dann etwa, dass die eine Plastikröhre tiefer klingt als eine andere, weil sie länger ist, es stellt sich ein Aha-Effekt ein.

Was ist die größte Herausforderung bei einem Projekt wie „The Lost and Found Orchestra“?

Luke Cresswell: Das Stimmen der Instrumente und das Zusammenspiel im Orchester. Klassische Instrumente haben eine lange Entwicklungszeit seit dem Mittelalter hinter sich. Trompeten klingen heutzutage richtig gut, sie sind perfekt gestimmt. Unsere Instrumente dagegen stecken, was ihre Entwicklung anbelangt, noch im Mittelalter fest.

Die Harmonie der einzelnen Instrumente beim Zusammenspielen, das ist der schwierigste Part. Es hat viel mit Physik zu tun. Manche Dinge klingen gut, aber sie lassen sich nicht gleichermäßig wiederholen. Manche Sounds klappen fünf Minuten lang gut aber keine zehn Minuten. Unsere Arbeit hat viel mit Neuentdecken und Neuerfinden zu tun. Und genau darin besteht die größte Herausforderung.

Vielen Dank für das Interview.

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„The Lost and Found Orchestra“

„The Lost and Found Orchestra“ ist eine musikalische Bühnenperformance mit rund 40 Mitwirkenden, allesamt klassisch ausgebildete Musiker, Schauspieler und Tänzer und noch mehr selbstgebauten Instrumenten. Hinzu kommt ein stimmgewaltiger Chor. Hinzu kommt eine stellenweise chaotisch anmutende Choreografie, die meisten der Künstler auf der Bühne sind in ständiger Bewegung. Das Lost and Found Orchestra feiert vom 13. bis 17. August 2014 seine Deutschlandpremiere auf dem Kölner Sommerfestival in der Kölner Philharmonie.

Die Akteure, darunter viele frühere „Stomper“, benutzen während ihres Auftrittes alle erdenklichen Gegenstände, aus denen sich nur ein Ton hervorbringen lässt. So etwa Posaunen, die aus Verkehrspylonen und Plastikschleuchen zusammengebaut sind oder die bereits aus „Stomp“ bekannten Regentonnen, die als Trommeln dienen. Ein Bettgestell dient als Bass und musikalische Staubsauger und Werksirenen sorgen für druckvolle Akkorde – allein der komödiantische Mehrwert macht dieses Bühnen-Spektakel bereits mehr als sehenswert. Mit einem Arsenal an hausgemachten und im wahrsten Sinne „schrägen“ Instrumenten – ob traditionelle neu erfunden oder vollkommen neu kreiert – gelingt es Produzenten wie Akteuren, jede einzelne Instrumentengruppe eines Sinfonieorchesters in ihre eigene Klangwelt zu übertragen.

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„The Lost and Found Orchestra“,
im Rahmen des 27. Kölner Sommerfestivals
13. bis 17. August 2014
Kölner Philharmonie

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Autor: Daniel Deininger
Foto: Szene aus „The Lost and Found Orchestra“, das noch bis bis zum 17. August 2014 in der Kölner Philharmonie zu erleben ist.