Köln | „Es hat sich bewährt, die Spielzeit unter ein Motto zu stellen“, sagt Gerhard Seidel. „Man muss sich aber auch eng daran halten“, ergänzt der Ko-Chef des Freie Werkstatt-Theaters (FWT). Für die kommende Spielzeit 2017/18 steht das Programm unter dem Leitthema „Lüge und Wahrheit“. Fünf Neuproduktionen werden sich damit beschäftigen.

„Alternative Fakten, virale Meinungsblasen, gefühlte Wahrheiten und absichtsvoll platzierte Fake News erobern die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit“, beschreibt Seidel die aktuelle politische Situation und fragt: „Laufen sie der Bühne, dem klassischen Hort des Wahren, Guten und Schönen, damit den Rang ab?“

„Last Night in Sweden“: Donald Trumps Schatten hängt über der ersten Premiere

Mit der Eröffnungspremiere am 14. September greift man gleich einen Vorfall der jüngsten Geschichte auf – und es geht, kaum verwunderlich, um Donald Trump. „Last Night in Sweden“ sagte er und erfand damit einen Terrorschlag. Die gleichnamige Eigenproduktion will nun „Theaterlicht ins Schattenreich der `fake news´ bringen“. Und wer gewinnt am Ende im Kampf um die bessere Lüge? Theater oder Politik? Es lädt ein, genauer hinzuhören und hinzusehen. Die Regie wird Guido Rademachers führen, mit dem Rose-Theegarten-Ensemble zuletzt „Am Ende der Nacht“ im FWT inszeniert hat.

Die nächste Premiere (27. September) adaptiert den Krimi-Klassiker „Der talentierte Mr. Ripley“ von Patricia Highsmith: Ein Mörder verstrickt sich in seinen Lügen. Um Terror und die Reaktion des Staates und der Bürger geht es in „Möglicherweise gab es einen Zwischenfall“, geschrieben vom britischen Autor und Performer Chris Thorpe. Die Inszenierung übernimmt die junge französische Regisseurin Catherine Umbdenstock, Premiere am 2. November.

Wie stabil, wie zerbrechlich ist unser Gefühl von der Welt? Auf die Spur von Stimmungen und „gefühlten Wahrheiten“, Ängsten und Sicherheitsbedürfnissen im deutschen Alltag heftet sich das dokumentarische Projekt „Geht es euch gut?“. Judith Kriebel inszeniert den Bericht zur Gefühlslage der Nation im nächsten Jahr. Es folgt schließlich „I Am Your Private Dancer“: die Performerin Philine Velhagen (Drama Köln) verarbeitet damit eine Abhöraktion, die sie als Selbstversuch unternommen hat.

„Max und Moritz“ gibt’s für Kinder ab 8 Jahren

Für Kinder holt die Theatergruppe „pulk fiktion“ Wilhelm Buschs böse Buben Max und Moritz auf die Bühne. Die Gruppe Subbotnik setzt mit „Helden“ und der Sage von Jason und dem Goldenen Vlies ihre Antiken-Trilogie fort. Der erste Teil „Götter. Wie die Welt entstand“ hatte im Vorjahr Premiere und wurde mit dem Kölner Kinder- und Jugendtheater-Preis 2016 ausgezeichnet.

Fortgesetzt wird nun schon in der 8. Spielzeit der Dauerbrenner „Musikalische Stadtgeschichten“ mit Günter Schwanenberg. Zu einem weiteren Dauerbrenner hat sich „Der Nazi und der Friseur“ nach Edgar Hilsenrath entwickelt (Regie: Judith Kriebel). Nach zwei Spielzeiten wird es auch in die nächste übernommen, ebenso wie „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“, „Lenz“ und „Frau Luther kocht!“.

Die kommende Spielzeit ist überraschend kurz, sie endet schon im März. Grund sind überfällige Umbauarbeiten, für die jetzt endlich Genehmigungen und finanzielle Zusagen der Stadt vorliegen. Mit einer Bilanz der aktuellen Spielzeit hält sich Seidel zurück. „Durch den Wechsel zweier wichtiger Menschen in Büro und Technik war es schwierig.“. Zu den Überraschungserfolgen zählt er „Erschlagt die Armen!“, von der Nachfrage nach „Ungefähr gleich“ ist er „etwas enttäuscht, aber es ist in Ordnung.“.

Autor: ehu | Foto: MeyerOriginals
Foto: Der Schelmenroman „Der Nazi und der Friseur“ erlebt im Freien Werkstatt-Theater demnächst schon seine 3. Spielzeit.