Köln | Gravierende Fehler bei Planung und Überwachung führten zum Chaos bei der Sanierung von Schauspiel und Oper. Das hat ein jetzt veröffentlichtes Gutachten ergeben. Bernd Streitberger, technischer Betriebsleiter der städtischen Bühnen, hat in der Sitzung des Kulturausschusses schon erste Konsequenzen verkündet.

Zahlreiche Planungsdefizite bei der Sanierung nennt das Gutachten als Grundlage für die kurzfristig geplatzte Eröffnung der Oper, die für den 15. September 2015 angekündigt worden war. Dadurch kam es zu Störungen und zu Kollisionen bei den verschiedenen Aufträgen. Schwerpunkt der Mängel war die Haustechnik. Mit Planung und Durchführung war das Unternehmen Deerns beauftragt. Über die inzwischen von der Stadt erfolgte Kündigung wird vor Gericht verhandelt.

Gutachten stellt fest: zu wenig Personal, schlechte Kommunikation

Schließlich sei häufig zu wenig Personal – darunter auch Bauleiter – als erforderlich eingesetzt worden. Dies, so die Gutachter, sei eine Folge unter anderem der niedrigen Kostenansätze. Weiter machen die Gutachter die mangelnde Kommunikation zwischen allen Projektbeteiligten und den Termindruck für die Baukatastrophe verantwortlich. Letzterem sei alles untergeordnet und Risiken in Kauf genommen worden.

Beauftragt mit dem Gutachten hatte die Stadt das Kölner Rechtsanwaltsbüro Hecker Werner Himmelreich, gefertigt haben es die Rechtsanwälte Frank Siegburg und Norbert Reuber. Schuldige oder mögliche Rechtsansprüche zu nennen war nicht ihre Aufgabe.

Um ein ähnliches Chaos bei Großprojekten künftig zu vermeiden, legen beide auch Handlungsempfehlungen vor. Kernsatz: Erst planen, dann bauen. Dann: Planung und Überwachung trennen.

Streitberger kündigt an: Erst gründlich planen, dann bauen

Während der Kulturausschuss das Gutachten erst in seiner nächsten Sitzung diskutieren wird, hat Bernd Streitberger sich die Empfehlungen schon zu Herzen genommen. Seine Arbeitsgrundlage: „Keine Planung, während schon gebaut wird.“. Ausschreibungen soll es erst nach einer – auch europaweiten – „Markterkundung“ geben, bei der Firmen mit nachgewiesener Qualität ausgesucht werden. Bei der Bewertung soll der Preis weniger als die Hälfte ausmachen. Die Erfahrung „Der billigste Anbieter ist am Ende der teuerste“ soll ihn vor Dumpingangeboten schützen. Vor der Ausschreibung soll es dann noch ausführliche Gespräche mit den möglichen Wettbewerbern geben. Ein Verfahren, so Streitberger, das auch durch EU-Regeln gedeckt ist.

Im Anschluss legte Streitberger 33 „Big Points“ – herausgearbeitet aus 8.000 Datensätzen – vor, deren „Bearbeitung in zeitlicher und kostenmäßiger Hinsicht von besonderer Bedeutung für das Projekt“ ist. Dazu zählen unter anderem nicht isolierte Dachabläufe, die langfristig zu Feuchtigskeitsschäden führen können. Nachrüstung und Ergänzung sind „zerstörungsfrei nicht möglich“. Abgerissen und neu geplant werden müssen zum Beispiel die Lüftungszentralen in der Oper und Rauchableitungen.

Vorläufige Planung sieht Fertigstellung bis Ende 2022 vor

Aktuell steht noch mit etwa jeder vierten am Bau beteiligten Firma ein klärendes Gespräch über eine Vertragsanpassung aus. Sie hofft Streitberger bis Ende dieses Jahres abgeschlossen zu haben. Bis zum 1. Quartal 2019 soll die in diesem Juli vorgestellte Kosten- und Terminplanung „geschärft“ werden. Nach vorläufiger Planung könnten die Sanierungsarbeiten Ende 2022 mit der Schlüsselübergabe beendet werden.

Heftige Diskussion über Bau einer Werkstätte für die Bühnen

Zuvor hatte es eine heftige und emotional geführte Debatte zwischen Politik und Verwaltung über die neuen Werkstätten für die städtischen Bühnen gegeben. Über eine halbe Stunde wurde darüber gestritten, ob man eine entsprechende Vorlage ohne Beschluss an den Finanzausschuss weiterleiten solle (CDU) oder ob noch Diskussionsbedarf bestehe (SPD). Strittig ist, ob weiter mit dem WDR kooperiert werden soll oder ob auf einem Grundstück der Stadt gebaut werden soll. Eine Nutzung der Halle Kalk erneut zu prüfen, lehnte Streitberger als „zeitlich nicht kalkulierbar“ und ohne Ratsbeschluss ab. Die Werkstätten würden sofort gebraucht.

Nach einer kurzen Beratungspause einigte man sich darauf, innerhalb der nächsten Tage offene Fragen an die Verwaltung weiterzuleiten, die diese dann rechtzeitig vor der nächsten Sitzung am 10. Oktober beantwortet. Grünen-Mitglied Britta von Bülow fand ein Wort der Selbstkritik: „Man soll nicht nur der Verwaltung vorwerfen, sie brauche zu lang.“.

Kaum zu glauben – aber trotz Zeitverzug und andauernder Diskussionen wird an der Oper weiter saniert.

Autor: ehu | Foto: ehu