Köln | An Fakten fehlt es nicht im Theaterstück „Zehn Milliarden – ohne uns“. Schließlich hat sich das junge Laien-Ensemble des Schauspiels dafür den gleichnamigen Bestseller von Stephen Emmott vorgenommen. Thema: Zunahme der Erdbevölkerung, Klimakatastrophe, der Wohlstand der Ersten auf Kosten der Dritten Welt und wie alles zusammenhängt.

„Import Export Kollektiv“ heißt die Bühnentruppe, die derzeit aus 21 jungen Frauen und Männern besteht, eine Multikultigruppe par excellence. In wechselnder Zusammensetzung tragen sie Thesen und Zahlen vor. Hülfe es, möchte man Faktenleugnern wie Trump oder anderen Populisten einen Besuch empfehlen.

Unter der Regie von Bassam Ghazi ist das flott, abwechslungs- und gestenreich, voller Schwung (manchmal etwas zu schnell und dadurch unverständlich). Doch überwiegt der Ernst. Spaß, Witz, Ironie kommen in den rund 100 Minuten kaum vor.

Starke Gesangsnummern lockern den ernsten Vortrag auf

Starke Gesangsnummern – kleine Höhepunkte, begleitet von Arman Sigarchi (arabische Laute Oud) und Syavash Rastani (persische Trommeln Tonbak und Daf) – lockern dann doch etwas auf. Hinzu kommen starke persönliche Kommentare (ein Mitglied „möchte kotzen“ ob der Untätigkeit von Politikern) und berührende Momente. Etwa wenn zwei Frauen diskutieren, ob das Mutterglück eines eigenen Kindes angesichts drohender Überbevölkerung vertretbar ist oder frau nicht besser ein Kind adoptieren soll. Der Disput endet unentschieden – und dann streicheln beide zärtlich den Bauch einer hochschwangeren Mitspielerin, die nur für diese Szene auf die Bühne kommt.

Zehn Milliarden Menschen – so viele werden für das Jahr 2050 prognostiziert. Daran möchten die 21 keinen Anteil haben. Doch wie dies verhindern? Von den Politikern ist wenig zu erwarten – eine etwas billige Schelte. Revolutionen? Die verkehren sich oft ins Gegenteil. Also bei sich selber anfangen, überflüssigen Konsum zu vermeiden.

Mit einem Salzkorn kann die Veränderung beginnen

Doch aufgepasst: Was wir auf der Nordkugel der Erde weniger verbrauchen, müssen die auf der Südhalbkugel mehr brauchen, wollen sie nicht verhungern. Nicht zu vergessen: die drohende Wasserknappheit. Auf welche Arche Noah kann sich die Menschheit retten? Das Segelboot, das die Bühne beherrscht, dürfte zu klein sein.

Der kleine Trost zum Schluss: Die Veränderung kann mit einem Salzkorn beginnen. So wie es Mahatma Gandhi geschafft hat: Durch massenhaften zivilen Ungehorsam schaffte er in Indien die von den britischen Kolonialherren verhängte Salzsteuer ab.

[infobox]„Zehn Milliarden – ohne mich“
Die nächsten Vorführungen: 27. April, 5. Mai, jeweils 20 Uhr
Schauspiel Köln, Depot 2 im Carlswerk
Schanzenstr. 6-20
51063 Köln-Mülheim

Karten: Tel. 0221 / 22 12 84 00, Fax 0221 / 22 12 82 49, E-Mail: tickets@buehnenkoeln.de, dazu alle Vorverkaufsstellen von KölnTicket. Kartenservice mit Vorverkauf und Abo-Büro in der Opernpassage zwischen Glockengasse und Breite Straße.

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Autor: ehu | Foto: Ana Lukenda / Schauspiel
Foto: Die Gelassenheit vor der künftigen Arche Noah täuscht: Das jugendliche „Import Export Kollektiv“ nimmt den Klimawandel ernst.