Köln | Bruder und Schwester haben sich in ein Zimmer von der Welt zurückgezogen. Dort leben sie mit ihrer todkranken Mutter und sind sich selbst genug. Eine bizarre Liebes-Konstellation, die Jean Cocteau in „Kinder der Nacht“ vorstellt. Melanie Kretschmann hat das Stück für das Schauspiel inszeniert, in der „Außenspielstätte am Offenbachplatz“ hatte es am Wochenende Premiere.

Es beginnt mit einer wilden Schneeballschlacht, in der sich ein junges Tanzensemble mit wild flatternden Capes austoben darf. Darunter auch Paul (Jakob d’Aprile) – er wird ausgerechnet von einem Schneeball verletzt, den der von ihn heimlich geliebte Schulkamerad Dargelos (Martha von Mechow) geworfen hat.

Erst nackt im Haus – dann geschwisterliches Kuscheln

Von Gerard (Loris Kubeng), einem anderen Klassenfreund, wird er nach Haus gebracht – und sofort von seiner Schwester Elisabeth (Lou Zöllkau) gepflegt und dafür einschließlich Unterhose ausgezogen. Später kuscheln sie gemeinsam in einem engen Bett – Inzest lässt grüßen. Derweil darf die Mutter (Birgit Walter) wie ein Zombie durch das vermüllte Zimmer klettern. Falls sie nicht wie eine Leiche mit weit offenen Augen in ihrem Bett liegt und schließlich unbemerkt tatsächlich stirbt.

Der einzige, der Zugang in diese abgeschlossene Welt hat, ist Gerard. Gemeinsam feiern sie neckische Pyjamapartys oder streiten darüber, wer das Geschirr spülen muss. Elisabeth bestimmt das Geschehen. Sie ist es auch, die sich erlaubt, die Eremitage zu verlassen: Als Model bei einer Brautmodenschau – zusammen mit Agatha. Die sieht Dargelos ähnlich (weshalb auch sie von Martha von Mechow gespielt wird) und das hat Folgen.

Als sich Paul und Agathe verlieben, droht Machtverlust

Elisabeth heiratet Knall auf Fall einen reichen Amerikaner, der kurz nach der Hochzeit stirbt. Nun wohnt die junge Frau mit den drei anderen Lebensabschnittgefährten in einem leeren Traumhaus. Als sie erkennen muss, dass sich Paul und Agathe ineinander verliebt haben, sieht sie ihre Macht schwinden – erst vergiftet sie Paul, dann erschießt sie sich selber.

Gut zwei Stunden dauert „Kinder der Nacht“, ein düstere Ausflug in die Welt (post-)pubertierender Jugendlicher (Paul ist 15, Elisabeth 17 Jahre alt) und ihrer Selbstfindung. Damit es aber nicht gar zu düster und sexuell zu direkt wird, hat die Regisseurin so manchen Sketch eingebaut, so eine „klassische“ WG-Diskussion übers Abspülen oder die Schwierigkeit, eine WLAN-Nummer einzugeben. Nicht zuletzt Paul verrenkter Todeskampf reizt eher zum Lachen als dass er erschrickt.

So ist es ein durchaus vergnüglicher Abend, dem etwas mehr Lust auf menschliche Abgründe gut täte.

[infobox]„Kinder der Nacht“ – die nächsten Vorstellungen: 2. und 5. Februar, jeweils 20 Uhr. Schauspiel Köln, Außenspielstätte am Offenbachplatz, Karten: Tel. 0221 / 22 12 84 00, Fax 0221 / 22 12 82 49, E-Mail: tickets@buehnenkoeln.de, dazu alle Vorverkaufsstellen von KölnTicket. Kartenservice mit Vorverkauf und Abo-Büro in der Opernpassage zwischen Glockengasse und Breite Straße. 

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Autor: ehu | Foto: Tommy Hetzel / Schauspiel
Foto: „Kinder der Nacht“ Jakob d’Aprile, Lou Zöllkau und Loris Kubeng (v.l.) haben sich aus der Welt zurückgezogen. | Foto: Tommy Hetzel / Schauspiel