Die kommende Spielzeit ist die letzte des Theaters der Keller im Haus an der Kleingedankstraße: Der Hausbesitzer hat das Mietverhältnis zum Juni 2018 gekündigt. Er will dort Wohnungen bauen. Über eine neue Spielstätte in der Innenstadt wird noch verhandelt. Theaterchef Simon Keller informierte jetzt über den Spielplan 2017/18.

Die schlechte Nachricht – die Kündigung des Mietvertrags nach 44 Jahren – war Intendant Simon Keller schon lange bekannt. Von der guten wurde er bei dem Pressetermin überrascht: Sein Vertrag wird über 2018 hinaus verlängert. Überbringer der guten Botschaft war Ulrich Wackerhagen, langjähriger Vorsitzender des Theater-Freundeskreises.

Damit werde eine Arbeit anerkannt, die dem Theater – eines der ältesten Kölner Privattheater – in den letzten Jahren zahlreiche Einladungen zu Gastspielen und Auszeichnungen brachte, darunter auch den Kölner Kurt-Hackenberg-Preis für das gesamte politische Engagement. Außerdem konnte Keller nach eigener Aussage in seiner bisherigen Amtszeit Besucherzahl und Einnahmen verdoppeln.

Verhandlungen über eine neue Spielstätte stehen vor dem Abschluss

Beim Blick in die Zukunft hielt sich Wackerhagen diplomatisch zurück, man wolle nichts zerreden. Danach stehen die Verhandlungen über eine Immobilie in der Innenstadt vor dem Abschluss. OB Henriette Reker und Stadtplanungsdezernent Franz-Josef Höing hätten ihre Hilfe bei der Bewältigung bürokratischer Hürden zugesagt.

Es geht vor allem um Sicherheitsbestimmungen, um Lärm- und Feuerschutzvorschriften. Bei der Finanzierung der nötigen Umbaumaßnahmen setzt Wackerhagen auf die Förderung von Stadt und Land sowie auf private Unterstützung, die sich schon in der Vergangenheit bewährt hat. Nachdem die Stadt 2012 das Theater aus der Konzeptionsförderung gestrichen hatte, stand es schon einmal kurz vor dem Aus. Keller deutete an, dass der Umzug auf jeden Fall eine Verbesserung mit sich bringe.

Hausbesitzer Boris Becker plant Wohnungen auf „normalem Südstadt-Preisniveau“

Hausbesitzer Boris Becker, in der Immobilienbranche tätig, hatte das Haus vor fünf Jahren als privates Investitionsobjekt gekauft. Er will hier nach einer Generalsanierung Wohnungen auf „normalem Südstadt-Preisniveau“ einrichten. Eine Baugenehmigung läge schön vor.

Becker war bei dem Gespräch dabei, die bisherige Verhandlungsatmosphäre zwischen ihm und dem Theater lobte er als „angenehm“. Es war im Übrigen sein erster Besuch im Theater der Keller. Der Einladung, die aktuelle Produktion „Du bess ming Stadt“ zu besuchen, will er bald annehmen. Und vielleicht auch als Gast an der für die nächste Spielzeit geplanten Veranstaltungsreihe „Theater frei“ teilnehmen.

Theater der Keller auf den Spuren der WDR-Show „Zimmer frei“

Dort sollen – im Stil der WDR-Fernsehshow „Zimmer frei“ – prominente Kölner ihre Befähigung für eine Wohngemeinschaft beweisen, die anschließend in das Theaterensemble aufgenommen wird. Zu gewinnen gibt es einen Wohnberechtigungsschein, kündigte Keller an. „Hört sich gut“, meinte Becker.

„Du bess ming Stadt“ wird ebenso in die nächste Spielzeit übernommen wie das Erfolgsstück „Terror, „Tschick“, „Biographie: Ein Spiel“ oder Dauerbrenner „Ein Versprechen“ von Friedrich Dürrenmatt.

Angst ist in der kommenden Spielzeit das zentrale Thema

Die Premieren der nächsten Spielzeit behandeln das Thema Angst – und wie man ihr begegnen kann. Für Keller ein zentrales Thema der Gegenwart, laut Umfragen nehme die Angst vor Terrorismus, sozialem Abstieg, vor der Zukunft, um bezahlbaren Wohnraum oder vor Leistungsdruck zu.

Er selber wird die Spielzeit mit der Bühnenfassung von Michel Houllebecqs „Unterwerfung“ am 9. September eröffnen. Der französische Schriftsteller entwirft darin eine Gesellschaft, deren soziale, demokratische und wirtschaftlichen Werte langsam verfallen und die sich deshalb freiwillig in einen islamistischen Gottesstaat verwandelt. „Eine heitere, extrem an der Realität ausgerichtete Vision“, so Keller.

Als „Gegenstück“ dazu folgt „Bilquiss“ nach einer Erzählung von Sophia Azzedine. Die Dramatisierung von Ulrike Jansen ist gleichsam eine Uraufführung. Hier stellt eine Frau – in einem Schauprozess von einem Todesurteil bedroht – das patriarchalische islamische Gesellschaftssystem in Frage.

Fassbinders Stück „Katzelmacher“ nach 50 Jahren aktuelle wie nie

Rainer Werner Fassbinders „Katzelmacher“ – 1968 uraufgeführt – hat durch den Flüchtlingszuzug der jüngsten Zeit eine erschreckende Aktualität erhalten: Die Stammtischidylle wird durch die Ankunft eines syrischen Flüchtlings gestört. Rassismus wird sichtbar und entlädt sich in Agression.

Wie einem Individuum die Gewalt ausgetrieben werden kann und die daraus entstehenden Folgen zeigte Stanley Kubricks Kino-Klassiker „Clockwork Orange“ nach einem Roman von Anthony Burgess. „Was sind wir bereit, für eine friedliche Gesellschaft zu opfern?“, fragt Keller und verweist auf die USA und Ungarn, wo sich gerade das Demokratie-Verständnis ändere.

Theater der Keller gibt dem Tanz ein enges Zuhause auf Zeit

Mit „Zeit der Kannibalen“ präsentiert Keller dann seine zweite Inszenierung in dieser Spielzeit und die letzte in diesem Haus. Die „schwarze Komödie über den Kapitalismus soll das Publikum in die ihm unbekannte Welt der Unternehmensberatung führen.

Und – hier schließt sich ein Kreis – während in „Du bess ming Stadt“ über das Todsparen der Sparte Tanz im Köln der 1980er Jahre geklagt wird, macht man sich auf, hier die Lücke zumindest teilweise zu schließen. In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Austausch und Innovation Köln (ZAIK) hat man für fünf Tänzerinnen und Tänzer eine Kurzresidenz ausgeschrieben. Die Gewinner können zwölf Tage lang mit einem Künstler ihrer Wahl aus einer anderen Kunstrichtung testen, ob sich auch in der Enge der Keller-Bühnen tanzen lässt. Und das Ergebnis dann präsentieren.

Autor: ehu | Foto: ehu
Foto: Noch führt Simon Keller „sein“ Theater in der Kleingedankstraße. Ende 2018 soll der Umzug in die Innenstadt perfekt sein.