Köln | Wie schön wäre es, als Robinson allein auf einer einsamen Insel zu wohnen! Doch das können sich nur Reiche leisten. Pinneberg aber ist nur ein kleiner Angestellter – wenn er überhaupt einen Job hat. Das Schicksal spielt ihm übel mit. Hans Fallada hat ihn in seiner Erzählung „Kleiner Mann – was nun?“ zur Hauptperson gemacht. Im Theater im Bauturm ist jetzt eine beeindruckende Bühnenfassung zu sehen.

Auf der Bühne verwandelt sich die erträumte Insel langsam in einen Boxring (Ausstattung: Sarah Sauerborn). Hier kämpft Pinneberg mit seinem Schicksal. Mit seinen Verkäufer-Kollegen, die die beschworene Solidarität aufkündigen. Mit seinen Chefs – der eine will ihn mit seiner Tochter verheiraten, der andere treibt ihn wie ein Sporttrainer mit der Pfeife zu Verkaufsvorgaben an. Kleine kapitalistische Ausbeuter, die nur auf Rendite achten und ihre Macht ausnützen.

Genau wird dem Publikum vorgerechnet, wie wenig das Geld für ein einigermaßen anständiges Leben reicht. Erst recht nicht, wenn Pinneberg und Lämmchen ein Kind bekommen. Arbeitslos, gerät Pinneberg in eine politische Auseinandersetzung, wird verhaftet, kommt ohne Geld zurück zu Lämmchen. Die wollen ihre Liebe nicht verraten – ein Happy End als kleiner Hoffnungsschimmer auf ein Ende des Elends.

Abwechslungsreiche Regie und ein exzellentes Bühnen-Trio

In der Inszenierung von Susanne Schmelcher wechseln Erzählmomente, Dialoge und Handlung in gekonntem Rhythmus einander ab. Hinzu kommen originelle Regieeinfälle, die das Geschehen ohne effekthascherischen Firlefanz unterstützen.

Schließlich das exzellent eingespielte Bühnentrio. Allen voran Matthias Zera in der Titelrolle, der sämtliche Stadien auf der Gefühlsskala auskostet, ohne ein einziges Mal zu übertreiben. Nicht weniger beeindruckend und mitreißend Nele Sommer als Lämmchen, Pinnebergs Ehefrau. Sommer übernimmt noch zwei andere Rollen, Marc Fischer gleich mehrere. Er glänzt insbesondere als gewinnorientierter Chef.

Auch ohne die etwas albernen, eingestreuten kleinen „Modernitäten“ – so träumt Pinneberg auch vom Kauf einer Playstation – kann man sich der Aktualität der Geschichte) nicht entziehen, sei es der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen oder politischen. Und der Traum von Robinson? Schmelcher bezieht sich dabei auf die erst vor zwei Jahren erschienene ungekürzte Urfassung des Buches, das 1932 erschien.

Nach gut 110 Minuten gab es für ihre erste Inszenierung und alle Beteiligten langen Premierenapplaus.

„Kleiner Mann – was nun?“ – die nächsten Vorstellungen: 4. bis 6. Oktober, 27. Und 28. (18 Uhr) Oktober, 24. und 25. (18 Uhr) November, jeweils 20 Uhr. Theater im Bauturm, Aachener Str. 24-26, 50674 Köln, www.theater-im-bauturm.de, Karten: Tel. 0221 / 52 42 42, bei allen KölnTicket-Vorverkaufsstellen

Autor: ehu
Foto: Die Rechenkugeln machen das Haushaltsgeld auch nicht mehr: Matthias Zera und Nele Sommer in der Theater-imBauturm-Produktion „Kleiner Mann – was nun?“. Foto: MeyerOriginals / TiB