Köln | Ein guter Christ lebt nach den 10 Geboten. Doch die gefallen Gott nicht mehr. Unzufrieden ist er auch mit den Menschen. Zeit, für eine Klärung. Also schickt er eine Botin auf die Erde. Im Volkstheater am Rudolfplatz hatte „Gott der Allmächtige“ Premiere, mit Annette Frier in der Titelrolle.

Am Anfang waren nicht Adam und Eva, sondern Adam und Ewald. Noah und die Arche? Von wegen von jeder Tierart ein Pärchen an Bord nehmen. Evolution? Gott selber hat die Fundstücke geschickt versteckt. Und Sohn Jesus war als Kind eine Memme, erst in seinen letzten Tagen konnte er seinen Vater durch Mut überzeugen. Mit Maria war das auch eine ganz besondere Sache.

Gott erzählt, wie es mit der Schöpfung wirklich war

„Gott der Allmächtige“ gewährt einen Blick in die Familie und hinter die Kulissen der biblischen Geschichten, sagt wie es wirklich war. Doch vor allem hat er Annette Frier als Dolmetscherin wegen ihres „sympathisch gewinnendes Wesens“ auf die Erde geschickt, um klar zu machen, wo er sich heute zwischen Religion und Staat positioniert. Unterstützt wird sie dabei vom Erzengel Gabriel (Kai Lüftner im grauen Strampelanzug mit Plüschflügeln ).

Klar ist für ihn weiterhin das 1. Gebot: „Du sollst keine Götter neben mir haben!“. Doch seine neuen Gebote stellen klar, was heute seiner Meinung nach schief geht, wo er sich missbraucht fühlt. So will das Gebot „Du sollst nicht töten“ künftig heißen „Du sollst nicht in meinem Namen töten“. Zwar sei es schmeichelhaft, wenn man sich auf ihn berufe, er brauche aber diese Hilfe nicht, könne das schließlich selber viel besser – siehe Sintflut. Und er – also sie – beruhigt: Aus dem Publikum steht aktuell niemand auf der Liste.

Gebete sammelt der Allwissende wie Kundenbeschwerden

„Du sollst mich und den Staat trennen“, fordert er und wird grundsätzlich: „Du sollst keine Beziehung mit mir eingehen“. Ob er denn die Gebet der Menschen erhöre, fragt ihn Gabriel. Die Antwort ist klar: Er wisse doch eh schon alle, alles aber sei aktenkundig wie Kundenbeschwerden, die in einem Callcenter landen. Und so lautet das neue 10. Gebot folgerichtig „Du sollst an Dich selbst glauben“.

Es ist eine frech-kritische Bestandsaufnahme des heute geübten Christentums und der monotheistischen Religionen überhaupt, die US-Autor David Javerbaum in seinem Buch „Gott der Allmächtige“ – Grundlage für das Bühnenstück – liefert. Spitze Pointen bieten zeitgerechte Gedankenanstöße, für manchen im Publikum dürften aber auch die Grenzen zur billigen Plattitüde überschritten werden. Auf keinen Fall etwas für Fundamentalisten jedweder Couleur.

Doch die Inszenierung von Roland Hüve bietet zwei Stunden (Pause inklusive) gute, anregende Unterhaltung. Das liegt nicht zuletzt an Annette Frier, die hier alle Register der ernsthaften Komödiantin ziehen darf.

[infobox]„Gott der Allmächtige“ – weitere Vorstellungen: 30. Januar, 5. bis 7., 19. bis 21. Februar, jeweils 19.30 Uhr, Volksbühne am Rudolfplatz, Aachener Str. 5, Tel. 0221 / 25 17 47

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Autor: ehu | Foto: VVG-Koeln / Volksbühne
Foto: Überaus glaubwürdig: Annette Frier als Stimme von „Gott der Allmächtige“.