Köln | Im Japanischen Kulturinstitut Köln erhält das Frankfurter Film-Festival des japanischen Films „Nippon Connection“ den JaDe-Preis zur Förderung der deutsch-japanischen Wissenschafts- und Kulturbeziehungen. Christoph Mohr befragte Marion Klomfass, die Mitbegründerin und Leiterin eines der schönsten Filmevents Deutschlands.

„Nippon Connection“, das Festival des japanischen Films, das Sie seit dem Jahr 2000 in Frankfurt organisieren, bezeichnet sich als das europa-, ja sogar weltweit größte Festival des japanischen Films. Wie groß ist denn groß?

Letztes Jahr hatten wir rund 17.000 Zuschauer*innen in sechs Tagen und haben über 100 Filme gezeigt. Selbst in Japan gibt es kein größeres Festival, dass sich ausschließlich dem japanischen Film widmet.

Aber Sie wollen damit nicht sagen, dass Sie größer als das Tokyo International Film Festival sind…

Natürlich nicht, aber das Tokyo International Film Festival ist ein internationales Filmfestival, das Filme aus verschiedenen Ländern zeigt. Japanische Produktionen machen dort nur einen Teil des Programms aus.

Was wären vergleichbare, wenn auch kleine Filmfestivals?

Es gibt mittlerweile viele japanische Filmfestivals weltweit, einige sind nach dem Vorbild von Nippon Connection entstanden. Zum Beispiel das Camera Japan Festival in Rotterdam oder auch Japan Cuts in New York. In Deutschland gibt es noch ein weiteres japanisches Filmfestival in Hamburg, dass sogar schon ein Jahr vor Nippon Connection gegründet wurde (1999).

Wie kam es überhaupt zur Gründung dieses Film-Festivals?

Während meines Filmwissenschaftsstudiums habe ich bereits beim exground filmfest in Wiesbaden mitgearbeitet und dort die Asienreihe „News from Asia“ gegründet, wo bereits einige japanische Filmemacher*innen zu Gast waren. Da es Ende der 1990er Jahre viele interessante Filme aus Japan gab, hatte ich zusammen mit einem Kommilitonen die Idee, eine japanische Filmreihe an der (Frankfurter) Goethe-Uni zu organisieren. Im Jahr 2000 fand dann das erste Nippon Connection Festival mit 13 Filmen statt. Eigentlich war das Festival als eine einmalige Veranstaltung geplant, aber aufgrund des großen Erfolges haben wir weitergemacht.

Wie eng ist heute noch die Anbindung an die Universität Frankfurt?

Wir arbeiten nach wie vor eng mit der Goethe-Universität zusammen. In Kooperation mit der Japanologie finden regelmäßig wissenschaftliche Vorträge beim Nippon Connection Filmfestival statt. Dieses Jahr wird außerdem zum dritten Mal in Kooperation mit dem Institut für Filmwissenschaft die internationale Kinema Club Konferenz beim Festival stattfinden, zu der wir Wissenschaftler aus der ganzen Welt erwarten, die sich mit japanischem Kino beschäftigen.

Frankfurt ist nicht unbedingt eine Stadt, die man mit Japan in Verbindung bringt. Da würde man eher an Düsseldorf denken. Wie erklärt sich das große Interesse des Frankfurter Publikums für japanische Filme?

Frankfurt ist eine sehr internationale Stadt und es gibt ein großes Interesse an fremden Kulturen. Außerdem lebt im Rhein-Main-Gebiet die zweitgrößte japanische Community Deutschlands. Viele Besucher*innen reisen aber auch aus ganz Deutschland extra zum Festival an.

Ihr Festival wird von einem gemeinnützigen Verein organisiert. Lässt sich das auf Dauer durchhalten oder haben Sie schon einmal über eine professionelle Struktur nachgedacht?

Wir haben nicht vor die Organisationsform zu ändern. Wir möchten mit dem Festival keinen Gewinn erzielen, sondern ein einzigartiges Programm mit interessanten Gästen und einer schönen Atmosphäre schaffen. Das ehrenamtliche Team, das aktuell aus rund 80 Personen besteht, wird dabei allerdings seit einigen Jahren von bezahlten Honorarkräften unterstützt.

Sprechen wir doch ‚mal über Geld? Wieviel kostet Ihr Festival?

Wir brauchen mittlerweile rund 360.000 € um das Festival finanzieren zu können. Die Kosten steigen allerdings kontinuierlich. Dieses Jahr haben wir z.B. mit den gestiegenen Flug- und Hotelkosten wegen Olympia bzw. wegen eines großen Ärztekongresses in Frankfurt zu kämpfen.

Und wie finanzieren Sie das?

Die Finanzierung ist jedes Jahr eine große Herausforderung und ist sehr arbeitsintensiv. Manchmal wissen wir erst kurz vor dem Festival, ob wir alle unsere Rechnungen bezahlen können. Wir stellen Anträge beim Land Hessen und bei der Stadt Frankfurt, akquirieren Sponsoren, werben Spenden an und organisieren jedes Jahr auch ein Crowdfunding (aktuell kann man uns noch bis zum 1.3. unterstützen: https://www.startnext.com/nipponconnection20). Die Einnahmen über den Ticketverkauf und die Gastronomie sind natürlich auch sehr wichtig.

Filmfestivals leben ja auch von der Anwesenheit der Regisseure und/oder Schauspieler. Wie ist das bei Ihnen?

Jedes Jahr kommen rund 70 Regisseur*innen, Schauspieler*innen und Produzent*innen aus Japan zum Festival. Uns ist der Austausch zwischen Publikum und Filmemacher*innen sehr wichtig. Nach den Filmvorführungen finden Q&As statt und es gibt Podiumsdiskussionen.

Wie treffen Sie überhaupt die Auswahl der Filme? Und wer trifft sie?

Es gibt ein 7-köpfiges Auswahlteam (zu dem ich auch gehöre), das die Filme auswählt. Wir bekommen von den Filmverleihern und Filmemacher*innen viele Filme zugeschickt. Über das Jahr sichten wir über 200 Langfilme und zahlreiche Kurzfilme. Bei Skype-Konferenzen diskutieren wir dann regelmäßig, welche Filme besonders interessant und zeigenswert sind. Wichtig ist uns auch, dass das Programm möglichst ausgewogen ist und ein breites Spektrum an Themen und Stilen bietet.

Wenn Menschen, die sich allgemein für Film, aber nicht ausgesprochen für japanischen Film interessieren, an japanische Filmemacher denken, dann kommen ihnen die großen Namen des japanischen Films wie Nagisa Oshima und Akira Kurosawa in den Sinn. Spielen die für Sie noch eine Rolle?

Oshima und Kurosawa sind natürlich noch relevant für uns, sie haben das japanische Kino geprägt. Allerdings liegt der Schwerpunkt unseres Programms auf aktuellen Filmen und Neuentdeckungen.

Näher an der Jetzt-Zeit könnte man an Hirokazu Kore-eda denken, der 2018 für „Shoplifters“ die Goldene Palme des Filmfestivals von Cannes erhielt. Ein Film/Ein Regisseur, der bei Ihnen zu sehen war?

Kore-eda ist ein großartiger Regisseur. Allerdings haben wir bisher tatsächlich nur zwei Filme von ihm gezeigt („Still Walking“ und „Like Father, Like Son“). Seine Filme haben meistens einen deutschen Verleih. „Shoplifters“ hatte zum Beispiel bereits fünf Monate vor unserem Festival seinen deutschen Kinostart, daher kam der Film für unser Programm nicht in Frage. Wir zeigen überwiegend Filme, die vorher noch nicht in Deutschland gelaufen sind.

Wenn man nach Amerika schaut oder auch auf die Berlinale, dann ist ein großes Thema die Zahl der Filmemacherinnen. Wie ist das bei Ihnen?

Das ist bei uns auch ein Thema. Voraussichtlich werden wir beim diesjährigen Festival einen Schwerpunkt auf Regisseurinnen und starke weibliche Protagonistinnen setzen. Leider gibt es im japanischen Filmbusiness immer noch nicht besonders viele Frauen, aber es bewegt sich was. Der Nachwuchs ist auf jeden Fall weiblicher.

Ein Besonderheit des japanischen Kinos sind Anime, Animationsfilme, Trickfilme.  Welche Bedeutung haben Sie auf Ihrem Festival?

Mit „Nippon Animation“ haben wir eine eigene Programmsektion für Animationsfilme beim Festival. Wir zeigen dort aktuelle Highlights, darunter auch viele außergewöhnliche Independentproduktionen und Kurzfilme.

Zum Schluss noch die Köln-Frage: Ihr Filmfestival geht auch „auf Tour“ und kooperiert mit anderen Städen. Schon einmal an Köln gedacht?

Seit 2011 gibt es kein offizielles Tourprogramm mehr. Der Aufwand und die Kosten waren leider zu hoch. Nach dem Festival finden nur einzelne Vorführungen im regionalen Umkreis statt.

Autor: Interview von Christoph Mohr
Foto: Foto: Armin Ritter/NC15