Köln | Bevor sie das Interview beginnt, legt Negar Tahsili vor einem Spiegel ihr Kopftuch um. Ein dunkler Schal bedeckt nun die langen schwarzen Locken der 32 Jahre alten Regisseurin aus dem Iran. Sie sitzt auf einem roten, tiefen Sofa in einem Hotel in Köln. Bei den ersten Iranischen Filmtagen am Rhein zeigt sie ihren neuen Film „Rose and Nightingale“. Darin befasst sie sich mit den Rollen von Männern und Frauen, lässt Künstler zu Wort kommen. Von sich selbst sagt sie: „Vielleicht bin ich verrückt, aber ich fühle mich nicht geringer als ein Mann, weder im täglichen Leben noch in der Arbeit.“ Und sie zeigt ein breites und gewinnendes Lächeln.

Unter dem Motto „Gewünscht – Toleriert – Verboten: (Neue) Räume für den iranischen Film?“ finden die Filmtage noch bis Sonntag (10. März) in Köln statt. „Die Stadt gehört zu den Zentren der iranischen Community in Deutschland“, sagt Kurator Amin Farzanefar. Mehrere Tausend Iraner lebten hier. Seine Liebe zum iranischen Film entdeckte er in den 90er Jahren. „Es ist ein sehr starkes, vielschichtiges und dynamisches Kino“, erklärt der 47-Jährige. Seit elf Jahren fährt er regelmäßig in den Iran, um Neuigkeiten des iranischen Kinos aufzustöbern. Für das Festival hat er eine Auswahl von rund 15 Filmen getroffen, die das Spektrum von den jungen Regisseuren hin zu den alten Meistern abdecken.

Negar Tahsili präsentiert in Köln einen Film, der eine Mischung aus Doku und Performance ist. Dabei gibt es auch eine Szene zum Thema Gewalt. „Sie zeigt, dass Männer und Frauen sehr ähnlich sind. Nicht alle Frauen sind nett und nicht alle Männer grausam.“ Die Filmemacherin ist in Teheran geboren und liebt ihre Heimatstadt, als Künstler gebe es dort viel zu sehen: „Ich bin nur Filmemacherin, weil ich in Teheran lebe. Sonst würde ich heute vielleicht Pizza verkaufen.“ Sie fährt mit ihren Händen durch die Luft, lacht viel und erzählt, dass sie viele Freunde in Deutschland hat. Schon 2009 war sie mit ihrem Kurzfilm „Wee-Men or Women“ auf den Arabisch-Iranischen Filmtagen in Berlin.

Der Kinosaal am Eröffnungsabend ist ausverkauft

„Der Film von Negar Tahsili bricht die klassischen Bilder auf, die man vom Iran im Kopf hat“, sagt Kurator Farzanefar. „Sie zeigt sehr moderne, aber auch stark verwurzelte Künstler. Ohne alle Positionen gutzuheißen, bildet sie sie ab.“ Zufrieden blickt er durch das Foyer des Filmhaus Kino, in dem sich mehr als hundert Besucher drängen. Viele halten ein kleines Glas mit schwarzem Tee in der Hand, der hier kostenlos verteilt wird, und balancieren kleine süße Gebäckstücke auf der Untertasse. Der größte Kinosaal im Filmhaus Kino ist ausverkauft, viele haben keine Karten mehr bekommen.

Sie sind gekommen, um an diesem Abend den Eröffnungsfilm von Massoud Bakhshi, „A respectable family“, zu sehen. Es ist eine Familiengeschichte um einen Iraner, der seit 22 Jahren im Ausland lebt und für einen Lehrauftrag an der Universität zurückkehrt. Ein Film, der ziemlich offen Kritik übt an religiösem Fanatismus. „Wenn ein Filmemacher kritische Filme dreht, muss er nicht unbedingt mit Problemen rechnen“, erklärt Farzanefar. „Du kannst aber genauso Probleme kriegen, wenn du einen nur mäßig oder gar nicht kritischen Film machst. Die Situation erscheint da momentan unberechenbar.“

Auch Regisseurin Tahsile sieht und fühlt „die Grenzen“, an die sie bei ihrer Arbeit immer wieder stößt. „Aber ich bin daran gewöhnt, weil ich in Teheran geboren bin. Es ist mehr ein Thema für andere, die aus dem Ausland kommen.“ Und ganz am Schluss des Gesprächs fügt sie hinzu: „Wir tun unser Bestes, um etwas Sinnvolles zu machen. Wir versuchen unser Bestes, um nicht gestoppt zu werden.“

Autor: Kathrin Aldenhoff, dapd | Foto: Hermann J. Knippertz/dapd
Foto: Die iranische Regisseurin Negar Tahsili in Köln während eines Interviews.