Köln/Bonn | Der Film mit Originalaufnahmen und Spielszenen beleuchtet die Karriere des ersten deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer, dessen Karriere als Oberbürgermeister in Köln begann.

31.Juli auf Arte

Konrad Adenauer hatte eigentlich immer einen Plan parat, doch am 13. August 1961 muss der Bundeskanzler passen. In der Nacht hat in Berlin der Mauerbau begonnen, die Stadt wird in zwei Hälften geteilt. Die Bevölkerung erwartet eine Antwort des CDU-Politikers, aber Adenauer schweigt. Die dramatischen Szenen bilden den Auftakt für das Doku-Drama „Konrad Adenauer – Stunden der Entscheidung“, das am 31. Juli auf Arte ausgestrahlt wird (Wiederholung am 5. August in der ARD).

Es ist ein großer Film über die Karriere eines der größten Politiker Deutschlands. Originalaufnahmen, Spielszenen und Zeitzeugen wie Kinder und Sekretärin zeigen den kühlen Adenauer von einer ungewohnten Seite – seiner privaten. Joachim Bißmeier überzeugt in der Hauptrolle als Adenauer. Seine Statur ist verblüffend ähnlich. Das Haar ist karg, das Gesicht vom Alter gezeichnet. Natürlich steht bei dem Film die Politik im Vordergrund, doch jede Menge Anekdoten schildern den „Alten von Rhöndorf“ sehr nah.

Adenauer verweigerte als Kölner OB Hitler den Empfang

Adenauers Karriere beginnt in Köln als Oberbürgermeister. Als Adolf Hitler 1933 die Macht ergreift, verweigert Adenauer ihm den Empfang. Hitler verzeiht im die Frechheit nicht, Adenauer muss über Nacht ins Kloster fliehen und kehrt vier Jahre später zurück. „Wenigstens haben wir hier unsere Ruhe“, sagt er im Garten seines Hauses in Rhöndorf am Rhein bei Bonn zu seiner liebevollen Frau Gussie. Das Haus in Rhöndorf ist eines der Originalschauplätze für den Film, auch das Palais Schaumburg, der damalige Dienstsitz Adenauers, dient als Kulisse.

Statt Widerstand gegen Hitler zu leisten, versucht sich Adenauer als Erfinder. Stolz präsentiert er seiner Frau ein Stopfei mit Beleuchtung. Zufrieden ist er aber nicht. Erst nach Kriegsende schlägt Adenauers Stunde und der Film gewinnt automatisch an Fahrt. Immer wieder blitzt das alte Schlitzohr durch. Als er 1949 Bundeskanzler werden will, stimmt er seine Parteikollegen mit Buttercremetorte und Kognak gnädig.
Im Rentenalter zum Bundeskanzler.

Er wird erster deutscher Bundeskanzler, da ist er mit 73 Jahren längst ein Pensionär. 14 Jahre bleibt er im Amt und führt Deutschland in Richtung Westen. Die geballte Adenauer-Ära wird verpackt in 90 Minuten – ohne Vorkenntnisse ist es ein ambitioniertes Experiment. Ein geschichtlicher Höhepunkt jagt den nächsten: die Rückkehr der Kriegsgefangenen, die Wiederbewaffnung, die „Spiegel-Affäre“ und die deutsch-französische Einigung.

Einiges aus der Ära Adenauer, die Hunderte Geschichtsbücher füllt, bleibt bei dem Schnelldurchlauf auf der Strecke. Seine Ambitionen für das Präsidentenamt etwa bleiben unerwähnt, die jahrelange Besatzungszeit wird nur angerissen. Häufig kommt Adenauer sehr lieb daher. Dann trägt er oft einen Schlafanzug, etwa wenn er nach unangenehmen Berichten dem Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß (CSU) sein OK zum Durchgriff beim „Spiegel“ gibt. Bei allen Verdiensten war Adenauer auch ein eiskalter Machtpolitiker, der bis zuletzt an seinem Stuhl klebte.

Erleichternd und lustig sind in der Produktion im Auftrag von SWR, WDR und Arte die privaten Szenen. Der Zuschauer erlebt den Italien-Liebhaber als passionierten Bocciaspieler. „Das Bocciaspiel verlangt ruhige Nerven und ein gutes Auge und eine wohlüberlegte Dossierung der körperlichen Kraft, mit der der Ball geworfen oder geschleudert wird“, erklärt Adenauer dem Fernsehpublikum vor laufender Kamera. Es war eine andere Zeit.

Autor: dapd
Foto: Foto: Martin Christ/dapd