Köln | Ditmar Schädel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Photographie e.V. (DGPh), zieht im Gespräch mit Christoph Mohr seine ganz persönliche Kultur- und Kunstbilanz 2018 und blickt auf 2019. Kölner Stimmen hört in der Kultur und Kunst-Community nach.

Welche drei Künstler haben Sie in diesem Jahr begeistert?

Duane Michals
Ein Wochenende mit einem sehr interessanten Künstler zu verbringen hatte für mich in 2018 einen Nachhall. Ein so humorvoller, offener und intelligenter Mensch gibt so viele Anregungen und Impulse. Außerdem gehört Michals durch seine feinsinnige narrative Fotografie zu den Künstlern mit einer ganz eigenen und unverkennbaren Sprache. Eine wichtige (Wieder)-Entdeckung.

Sharon Eyal 
Die Intensität mit der Sharon Eyal ihr Ensemble führt und doch den Individuen viel Spielraum lässt, führt zu Inszenierungen mit einer sehr intensiven Ausstrahlung und tiefer Berührung. „Soul Chain“ am Staatstheater Mainz war so ein Stück. Die Rhythmik, das disziplinarische Diktat des Zählens und die geplanten Schrittfolgen stehen in starkem Kontrast zu den eigenen Ausdrucksformen durch die TänzerInnen. Ein Tanzstück mit ganz besonderer Note und Eigenart.   

Florentina Holzinger 
Sex, Blut, Tränen, Schweiß und andere Körpersäfte sowie schonungslose Nacktheit sind im Theater nicht neu, auch wenn gerade durch konservative Strömungen und eventuelle Übersättigung die radikalen und auch gesellschaftspolitischen Inszenierungen abnehmen. Florentina Holzinger hat mit „Apollon“ beim Impulse Festival in Mülheim an der Ruhr aber noch einmal eins draufgesetzt. Körperkult, Bodybuilding, Optimierungswahn und daraus resultierende Macht hat sie rigoros ausgebreitet und mit ihrem Ensemble aus sechs Schauspielerinnen so präsentiert, dass dem Publikum schon einiges abverlangt wird.  

   

Welche drei Ausstellungen haben Sie in diesem Jahr begeistert?

„The Cleaner“ von Marina Abramovic, Bundeskunsthalle Bonn
Die wohl wichtigste und wegbereitende Künstlerin im Bereich Performance noch einmal in einer Retrospektive zu erleben, das allein lohnte schon den Besuch in Bonn. Aber dass man als BesucherIn an einigen Stellen einbezogen wurde, sich selber in die Rolle des Mitmachenden versetzen konnte und somit über das rein Rezeptive ein direktes Erleben hatte, das war schon etwas Besonderes (wenn auch für die Arbeit von Abramovic oft zentral). Ansonsten waren die wichtigsten Meilensteine im Werk Abramovics stimmig präsentiert, einige Aktionen wurden durch SchauspielerInnen live nachempfunden.

„Der letzte Bild – Fotografie und Tod“, C/O Berlin
Warum gab es diese Ausstellung nicht schon viel früher? Das Thema Tod und Fotografie liegen so nah beieinander, eine Zusammenstellung wie sie jetzt Felix Hoffmann vorgenommen hat, ist naheliegend und doch absolut interessant, das an einem Ort gebündelt zu sehen. Historische Aufnahmen, Inkunabeln der Fotografiegeschichte und zeitgenössische Positionen stellen hier Verbindungen zu einem vielschichtigen Thema her. Niemand mag sicher der grausamen Bilder, der Vorstellung alles Endlichen und der eigenen Sterblichkeit entziehen, hier werden die kulturellen Umgangsweisen, die Vorstellungswelten und auch die forensischen Probleme mit privatem und öffentlichem Sterben verwoben.

„August Sander: Meisterwerke“, Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur Köln
Der Besuch einer Ausstellung mit Arbeiten August Sanders ist erst einmal ein Pflichtprogramm und eventuell nicht mit der Erwartung auf viele Neuentdeckungen verbunden. Weit gefehlt, die Ausstellung in der SK Stiftung zeigt Arbeiten aus dem Bestand aber auch aus internationalen Institutionen. Hier werden neue Entwicklungslinien deutlich, manche Motive bekommen eine neue Bedeutung oder Bewertung durch Pendants in verschiedenen Sammlungen, so manches Detail hat sich aber erst durch die Führung der Kuratorin erschlossen (was den Besuch natürlich absolut bereichert hat). Diese Ausstellung erweitert das Verständnis von Werk, Denkweise und Entwicklung August Sanders um viele für die Komplexität dieses Fotografen wichtige Aspekte.

Hier dürfen Sie ein bisschen Werbung für sich machen. Was dürfen wir von Ihnen in 2019 erwarten?

Auch wenn in 2019 die photokina ausfällt, wird die DGPh mit der Verleihung des Dr.-Erich-Salomon-Preises und anderen Aktivitäten im Rahmen der Photoszene sicher ein paar attraktive Veranstaltungen im Mai anbieten. Das wird Köln als wichtigen Standort für die Fotografie sicher gut tun.

Privat steht ein Besuch in einem Trappistenkloster an, bei dem ich die dort lebenden Brüder und die Geflüchteten aus mehreren Generationen und Kriegen (Balkankrieg 90er Jahre, Tschetschenien aktuell) und deren Lebensumgebung porträtieren möchte. Eine ganz andere Welt!

Autor: von Christoph Mohr