Köln | 20 neue Kunstwerke sind im Skulpturen sind im Schlosspark Stammheim zu sehen. Wie schon seit 16 Jahren, wurde die Ausstellung auch jetzt wieder mit einem kleinen Fest am Pfingstsonntag eröffnet. Wie immer hat die Initiative „Kultur Raum Rechtsrhein“ (KRR) ein breites Spektrum ausgesucht.

Das Markenzeichen dieser Ausstellungen ist das in der regel meisterliche Zusammenspiel von Kunst und Natur, oft mit ironisch-kritischen Anspielungen auf die Umgebung. So lässt der Berliner Bernd Audry lässt ein Lianengeflecht aus Wolle und Eisenpigment die Fenster des ehemaligen Bayer-Wohnheims auf dem Nachbargrundstück überwuchern. „Sleeping Beauty/Schlafende Schönheit“ nennt er seine Arbeit – und das passt wie die Faust aufs Auge. Denn das unter Denkmalschutz stehende Haus verfällt, weil man sich nicht einig ist, was daraus werden soll.

Gleich am Eingang hat Wlodek Stopa einen liegenden, kopflosen – Vandalismus oder Raub? – Löwen aus Stein, der den Park von Beginn an bewacht, zum „Geschützten Objekt“ erklärt und ihm ein Haus aus rot-weißem Warnband verpasst.

Die Wahrheit in der wahren Kunst gefällt nicht jedem

Das Duo Tobi Möhring und Paul ter Veld (Berlin/Utrecht) gibt dem Besucher Gelegenheit, sein Handy aufzuladen. Hat es wieder Saft, kann er sich Fake News in den sozialen Medien herunterladen. Oder Wahrheiten? Denn über ihm prangt in kyrillischer Schrift das russische Wort „Prawda“ (Wahrheit). Was nicht jedem gefällt. „Ich wohne in Stammheim, was habe ich mit Russland zu tun?“ schimpfte eine Seniorin.

Naheliegend ist es, dass sich immer wieder Künstler in die alten Bäume verlieben und sie – immer in Absprache mit dem Grünflächenamt – zum Mit-Objekt ihrer Arbeit machen und poetische Momente wecken. Christine Haller hängt eine hölzerne Leiter in einen Baum und windet sie ums Geäst. Wie Haller ist auch Ursula Buchegger regelmäßig in Stammheim dabei, diesmal lässt sie rechteckige „Schlangen“ aus weißen Trinkhalmen – ihr Lieblingsmaterial – die Stämme herabhängen: Kantig und rund im Wettbewerb. Ein zartes Gespinst aus rot und blau lackiertem Maschendraht von Helen Efe Doghor-Hötter macht den grünen Büschen Konkurrenz. Alexander Jakimenko heftet eine riesige Motto aus Draht und Garn an einen Baumstumpf.

Etwas zu groß zum Spielen: „Himmel und Hölle“ aus Blech

Andere Skulpturen würden auch an anderem Ort eine gute Figur machen, sind hier aber besonders gut aufgehoben. Wie „Darkside of The Moon“: Eine Steinskulptur aus Labradorit von Dorsten Diekmann mit einer rauen und einer glatten Seite, in der sich die Sonne spiegelt. Ein bisschen zu groß zum Spielen ist Eveline Marksteins „Himmel und Hölle“ aus Blech. Im Schatten der Blätter und auf weichem Gras fühlt sich die „Verkörperung“ aus weißem Waschbeton von Beate Haltern sichtlich wohl. Und seinen idealen Platz hat der vergoldete Stuhl von Maria Hill auf einem kleinen Hügel mit freier Sicht auf den Rhein gefunden.

Eigentlich sind es 21 neue Kunstwerke, denn Peter Nettesheim hat in das Musikensemble seiner 2011 verstorbenen Ehefrau Gerda ein neues Instrument aufgestellt – offenbar unbemerkt von den Organisatoren.

Alte Kunstwerke holt sich die Natur mit den Jahren zurück

Ein Reiz dieses Skulpturenparks ist auch zu sehen, wie sich die Natur Kunst (zurück-)erobert. So ist der Baum, der aus den Teilen einer zerbrochenen Rakete wächst, jedes Jahr ein bisschen größer. Seit 2012 steht eine Weltkugel auf dem Rumpf einer gestutzten Esche – und wird langsam von neu ausgetriebenen Zweigen umhüllt. Nicht geblieben ist von dem Buch, das im selben Jahr Tim Strunk aus einer umgestürzten Wurzel herausschnitzte. Nur Michail Stamms geflügelter „Lilienthals-Mops“ thront seit 14 Jahren auf seiner Säule und wagt den Absprung nicht.

Der KRR konnte auch diesmal nach bundesweiter Ausschreibung die Neuzugänge aus einer großen Zahl von Bewerbungen auswählen. 12.000 Euro – vom Kulturamt zur Verfügung gestellt – stehen dafür bereit, davon geht die Hälfte an die Künstler. Hinzukommen Sponsorengelder. In den ersten Jahren gab es noch – zuletzt von Chempark Leverkusen – Preisgelder für die drei besten Arbeiten.

Eröffnet wurde die Ausstellung von Bürgermeister Ralf Heinen. Der bekannte in seiner Rede, dass er zum ersten Mal zu Besuch in dem 200 Jahre alten Park sei. Damit dürfte er nicht der einzige Kölner sein: Höchste Zeit, das zu ändern.

Schlosspark Stammheim – Zugang von der Stammheimer Hauptstraße oder vom Fuß- und Radweg am Rhein. Ganztägig geöffnet, Eintritt frei. Weitere Informationen finden sich im Internet unter der URL: www.schlosspark-stammheim.koeln.

Impressionen des neuen Skulpturenparks sehen Sie auch in unserer Bildergalerie auf Report-k.de.

Autor: ehu
Foto: Unter Maria Hills vergoldetem Stuhl mit dem Titel „Am sicheren Ort“ lässt sich gut ausruhen, findet dieses Ehepaar.