Köln | Die Römer würfelten mit Sprunggelenkknochen von Rindern oder Schafen. 2000 Jahre später wird immer noch gewürfelt, wenn auch in der Regel mit Würfeln aus Holz. Und Computerspiele sind selbstverständlich geworden. Dieses breite Spektrum zeigt die Ausstellung „Bretter, die die Welt bedeuten“ im Stadtmuseum.

Technischer Fortschritt zeichnet sich in den ausgestellten Spielen ebenso ab wie das jeweilige wirtschaftliche und politische Umfeld. Und sie waren nicht immer nur reiner Zeitvertreib, eben reines Spiel. Sie dienten auch dazu, moralische und politische Vorstellungen zu festigen. Wie – das lässt sich „spielerisch“ in der in elf Abteilungen gegliederten Ausstellung erfahren.

Auch eine App führt durch die elf Abteilungen der Ausstellungen

Einmal ganz klassisch zu Fuß, mit den Augen und dem Führer aus Papier in der Hand. Oder ganz modern mit einer App, die von den Kölner Studios „art+com“ und „the good evil“ entwickelt wurde. Man wählt eine von 13 Figuren und lässt sich von ihr durch die Ausstellung und zum spielerischen Wettbewerb (ver-)führen. Wer den Parcour in der oberen Etage der Alten Wache hinter sich hat, kann dann eine Etage tiefer alte Spiele oder auch moderne Computerspiele testen. Körperliche Anstrengung inbegriffen.

130 Spiele sind zu sehen, 50 davon Leihgaben von anderen Kölner Museen oder von Privatsammler. Und alles aus dem hauseigenen Depot wird zum ersten Mal gezeigt, so Hausherr Mario Kramp. Prunkstück ist ein Schachspiel aus Elfenbein, mit dem um 1760 der Kölner Erzbischofs Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels seine Gegner herausforderte. Ein besonderes Augenmerk verdienen die Propagandaspiele aus der NS-Zeit. Da wurde etwa mit Würfeln der Kohlenklau gejagt oder mit einer Art Halma mit Schlagzwang der „Sturmangriff“ geprobt.

Mit dem Würfel auf den Spuren des Revolutionärs Robert Blum

Politisch ging aber auch schon früher zu: In den Jahren des Ersten Weltkriegs wurde der „Völkerkrieg“ ausgewürfelt oder man konnte Liebesgaben für die Soldaten an der Front sammeln. Natürlich nur auf dem Brett – aber einer späteren reale Spende sollte so der Weg bereitet werden. Auch die Befreiungskriege gegen Napoleon oder der Lebensweg des Kölner Revolutionärs Robert Blum – 1848 in Wien erschossen – lassen sich so nacherleben. Pädagogisch unverfänglich erscheint da der „Freundliche Schupo“, der um 1930 den Kindren die Verkehrsregeln nahebringen wollte.

Lange mussten Spiele in Handarbeit hergestellt werden. Erst die Erfindung der Lithographie im 19. Jahrhundert machte die Spiele zur Massenware. Und wie der technische Fortschritt die Spiele-Industrie voran brachte, spiegelt er sich auch in den Spielethemen wider. Da kann mit Lokomotiven von Ereignisfeld zu Ereignisfeld, von Rheinstadt zu Rheinstadt oder durch ganz Asien ziehen. Auch mit dem Zeppelin ist der Spieler unterwegs – so lange er nicht auf dem Feld landet, das ein abstürzendes brennendes Luftschiff zeigt. 1910 und nicht nach der Hindenburg-Katastrophe von 1937.

In Köln wurden Würfel und Sielekonsolen produziert

Im Mittelalter gab es in Köln eine wichtige Würfelproduktion. In den 1970er Jahren wurden in Köln noch Spielkonsolen wie die „VC 4000 Video Computer“ produziert. Danach wurde es still – erst die Gamescom rückte Köln wieder ins Bewusstsein der Spieler.

Der Ausstellungstitel „Bretter, die die Welt bedeuten“ führt im übrigen in die Irre: Denn auch Kartenspiele sind zu sehen oder ein Kicker. Allerdings keine Puppen, wie noch vor einem Jahr im Museum für Angewandte Kunst unter dem Titel „Im Spielrausch“. Da hat wohl die Absprache oder Zusammenarbeit nicht so ganz geklappt. Schade – denn beide Ausstellungen hätten sich wunderbar ergänzt.

„Bretter, die die Welt bedeuten. Spielend durch 2000 Jahre Köln“ – bis 26. August 2018, Kölnisches Stadtmuseum, Zeughausstr. 1-3, 50667 Köln, Di 10-20 Uhr, Mi-So 10-17 Uhr, am ersten Donnerstag eines Monats 10-22 Uhr, Eintritt 5/3 Euro. Katalog (mit dem Reprint “Robert Blum. Vaterländisches Gesellschaftsspiel”): 13,95 Euro.

Autor: ehu
Foto: Ein “Vaterländisches Gesellschaftsspiel”: Robert Blums Lebensweg in 30 Stationen zerlegt, per Würfel im Sauseschritt nachzuvollziehen.