Köln | Bis dahin gab es nur große Hängelampen, die den, der darunter arbeiten musste, im Schatten stehen ließen. Das wurde vor 100 Jahren anders: Da erfand Curt Fischer die bewegliche Leuchte, die das Licht dahin brachte, wo es gebraucht wurde. Die Geschichte des „lenkbaren Lichts“ zeichnet jetzt – erstmalig – eine verblüffende Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst nach.

Seitdem ist die bewegliche Leuchte Standard – in der Industrie ebenso wie am geschäftlichen oder privaten Schreibtisch. Seltener als Hängelampe, etwas häufiger als Wandleuchte, hier oft mit einer „Nürnberger Schere“ beweglich. Überwiegend im Einsatz sind „Standleuchten“ in unterschiedlichen Höhen, auf einer Plattform stehend oder an Tisch festzuschreiben. Drehbar als Ganzes und mit dem Lampenschirm. Gelenkarme ermöglichten eine weitere Steuerung. Deren Gelenke mussten zunächst mit Schrauben festgedreht werden, ab 1932 wurden diese von „Federzügen“ abgfelöst.

Federzugleuchte „Tertial“ brachte der DDR wichtige Devisen

Ein Beispiel hierfür ist „Tertial“: Der über Jahrzehnte nahezu unveränderte Klassiker von Curt Fischer wurde als wichtiger Devisenbringer vom DDR-Betrieb Midgard für den Möbelgiganten IKEA produziert. Heute hat Midgard seinen Sitz in Hamburg, Firmenchef David Einsiedler ist begeisterter Lampensammler. Aus seinem Besitz stammen gut zwei Drittel der 45 Exponate, die jetzt in Köln zu sehen sind. Ergänzt wird die Ausstellung durch historische Kataloge, Einrichtungsmagazine sowie Fischers Patent-Zeichnung.

Gebrauchspatina bis hin zu Rostansätzen verleiht den einzelnen Leuchten ihre Individualität, denn der angestrebte praktische Nutzen lässt keine allzu großen Design-Abweichungen zu. Auf den ersten Blick sehen sich die Leuchten alle ähnlich, meist in „neutralem“ Schwarz, Unterscheiden sich vor allem durch ihre Größe und die ihrer Lampenschirm sowie durch ihre geraden Ständer oder elegant gebogene „Schwanenhälse“.

Aus dem Rahmen fällt das jüngste Exponate: Die LED-Arbeitsplatzleuchte „Lucy“ von Erco (Lüdenscheid) ist ein senkrechter schwarzer Stab, darin im oberen Teil übereinander versenkt drei Linsen, die das Licht auf die Arbeitsfläche lenken. Sachlich und kühl ist sie – man wird Tertial und ihre Verwandten vermissen.

[infobox]„Hundert Jahre lenkbares Licht – Ursprung und Aktualität beweglicher Beleuchtung“ – bis 24. Februar. Museum für Angewandte Kunst, An der Rechtschule, 50667 Köln. Di bis So 10-18 Uhr, am 1. Donnerstag im Monat bis 22 Uhr. Während der Internationalen Möbelmesse (bis 20. Januar) 10 bis 21 Uhr. Eintritt frei.

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Autor: ehu
Foto: Blick in die Ausstellung „Hundert Jahre lenkbares Licht“ – im Vordergrund die Werkstattleuchte der Designerbrüder Erich und Hanno Rademacher (um 1951).