Köln | Die Merowingerzeit ist eine Zeit aus der nicht wirklich viel erhalten geblieben ist. Schätze aus vier Gräbern in oder unter Kirchen aus dieser Zeit zeigt jetzt die Kölner Domschatzkammer. Es sind die Gräber Königinnen Wisigarde, Arnegunde, Balthilde und zweier Frankfurter Adelskinder. Die Schätze bestechen mehr durch ihren historischen Wert, als durch üppige Ausstattung. Im historischen Kontext ist die Veränderung der Bestattungskultur spannend, aus der die Historiker eine zunehmende christliche Gläubigkeit im sechsten und siebten Jahrhundert erkennen zu glauben.

Das Grab der Wisigarde wurde bei Vermessungsarbeiten im Kölner Dom 1959 durch Zufall entdeckt. Es enthielt die üppgisten Grabbeigaben. Wisigarde, Gemahlin des Merowingerkönigs Theudebert I, starb um 540/41, wohl kinderlos. Ein etwa zur gleichen Zeit in der Nähe bestatteter Junge ist nicht ihr Sohn, wie eine DNA Analyse ergab. Die Grabbeigaben üppig, auf einem goldenen Dolch findet sich ein Kreuz, dass die Historiker heute eher als Ornament, denn als Hingabe zum Glauben deuten. Die üppigen Grabbeigaben deuten auf einen noch vorhandenen heidnischen Glauben hin, denn bei den anderen Gräbern sind die Beigaben deutlich reduzierter. Wisigarde trug königliches Ornat, kostbare Gewänder und reichhaltigen Schmuck, wie einen goldenen Armring, Lederhandschuhe, aber auch Gegenstände des täglichen Gebrauchs für eine Bankett, wie Gläser, Glasflaschen oder Schalen.

Zum einen sei dies auch auf die Verarmung die vom sechsten zum siebten Jahrhundert stattfand zurückzuführen, zum anderen aber auch, dass man sein Seelenheil nicht mehr in Grabbeigaben, sondern in Stiftungen, wie der eines Klosters, wo andere für das eigene Seelenheil beteten sah. Das Grab der Arnegunde wurde unter der Basilika von Saint-Denis gefunden. Sie verstarb um 580 im Alter von 60 Jahren. Sie war Königinmutter von Chilperichs I, aber nur die sechste Frau von König Chlotars I. Identifiziert wurde sie an ihrem goldenen Fingerring, der die Aufschrift „Arnegundis Regine“ trug. Auch ihr Grab war noch reich ausgestattet, enthielt aber deutlich weniger Grabbeigaben als das der Wisigarde.

Den deutlichsten Unterschied zeigen die Gegenstände aus dem dritten Grab der Balthilde aus der Klosterkirche Sainte-Croix in Chelles sur Marne. Balthilde stammt, davon gehen die Forscher heute aus, aus angelsächsischem Adel und wurde wenig pompös aber mit einem weißen Leinenhemd mit einem großen Kreuz bestattet. Sie war die Gattin des westfränkischen Königs Chlodwig II. Sie gründete, als sie sich mit 30 Jahren zurück zog, das Kloster Chelles. Von ihr sind vor allem Teile des kostbaren Gewandes ausgestellt.

Unter dem Frankfurter Dom entdeckten Archäologen das Grab von zwei adeligen Kindern, die mit einem großen Tuch mit einem Kreuz versehen bedeckt waren. Bei dem einen Kind, dass in seiner Kleidung und mit goldenen Ohrringen bestattet wurde, kann man feststellen, dass es sich um ein adeliges Mädchen handeln muss. Das andere Kind war in ein Bärenfell eingewickelt und eingeäschert worden. Bei diesem Kind kann man das Geschlecht nicht mehr rekonstruieren. Das Grab stammt aus dem achten Jahrhundert.

Die Ausstellung brilliert nicht durch große goldglänzende Stücke, wie sie die Domschatzkammer in ihrer ständigen Ausstellung plakativ zeigt, sondern entführt in eine weit zurückliegende Zeit über die man fast nichts weiß. Die ausgestellten Stücke interessieren durch die sehr einfache und ungeschickt wirkende manuelle Ausführung – kennt man die Meisterschaft der Antike ist man über den Rückschritt an handwerklichen Fähigkeiten verblüfft und zeigen nichts von der Brillianz oder technischen Höchstleistung des Hochmittelalters. Der historische Kontext allerdings, auch die Rolle der Frau in der damaligen Gesellschaft und wie anhand der Bestattungskultur die Veränderung im Welt- und Glaubensbild der Menschen erfahrbar wird, überzeugt und ist wenig bekannt. Aber gerade dieser Aspekt hätte in der Ausstellung noch ein wenig stärker selbst in dem kleinen Raum herausgearbeitet werden können. Ohne diesen bleibt die Ausstellung oberflächlich am Goldeffekt hängen und spielt nicht ihre eigentliche intellektuelle Stärke historische Kontexte anhand der Bestattungskultur zu analysieren aus. Eine einfache Tafel würde helfen. Was zudem fehlt sind Bilder oder Fotos der Originalschauplätze an denen die Gräber gefunden worden sind.

Königinnen der Merowinger – Adelsgräber aus den Kirchen von Köln, Saint-Denis, Chelles und Frankfurt am Main

Domschatzkammer
Nordseite des Domes gegenüber des Haupteingangs des Hauptbahnhofes
Barrierefrei
Öffnungszeiten: täglich 10-18 Uhr
Eintritt: 5 Euro/ermäßigt 2,50 Euro

Autor: Andi Goral
Foto: Funde aus dem Grab der Arnegunde aus der Basilika von Saint-Denis