Köln | Rund 1.200 Skulpturen – große und kleine – hat Gerhard Marcks geschaffen. Viele davon stehen im öffentlichen Raum. Allein sieben sind es in Köln. Grund genug für eine Ausstellung im Käthe-Kollwitz-Museum. „Der Bildhauer denkt!“ heißt sie und erlaubt einen spannenden Blick in Denk- und Arbeitsweise des Künstlers, der lange in Köln lebte.

“Albertus Magnus” vor dem Uni-Hauptgebäude dürfte Marcks’ bekanntestes öffentliches Kunstwerk in Köln sein.

„Das Dicke dicker und das Dünne dünner machen“ – so lautete ein Grundsatz von Gerhard Marcks (1889-1981). Auch wenn das nicht gerade nach Realismus oder gar Naturalismus riecht: Seine Menschen sind immer als Menschen zu erkennen, ernsthaft und sensibel, selbst wenn ihre Posen nicht immer den wahren Bewegungsmöglichkeiten entsprechen. Von den übertriebenen verzerrten Proportionen – übermäßig lang sind Arme und Beine – ganz zu schweigen.

Die Natur in geometrische Formen zerlegt

Er wollte die Natur nicht nachahmen. Stattdessen suchte er in seinen Modellen nach geometrischen Formen wie Dreiecken oder Parallelogrammen, aus denen er dann seine Skulpturen nach strengen Kompositionsregeln – oft nach klassischem Vorbild – zusammensetzte. Bekannt war er dafür, dass er seine Modelle sich frei bewegen ließ, rief „Halt!“, wenn sie eine Pose einnahmen, die seinen Vorstellungen entsprach. Dann umkreiste er diese Situation, hielt sie mit dem Zeichenstift aus bis zu 14 verschiedenen Blickwinkeln fest. Diese Zeichnungen dienten dann nicht nur als Vorstudien für eine Skulptur. Aus rund 80.000 solcher Studien – thematisch geordnet – bediente er sich im Laufe seines Schaffens, um andere Plastiken umzusetzen. Zeichnungen, die er nicht „brauchte“, wurden verkauft. So etwa eine Studie für einen Adenauer-Kopf, die der Bundeskanzler ebenfalls signierte.

Mit dieser Kunstauffassung stieß er während der Nazi-Diktatur auf Widerstand. Schon 1933 wurde er  als als Direktor der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle/Saale abgesetzt: Er hatte sich gegen die Entlassung einer jüdischen Kollegin ausgesprochen. Bei seinem Villa-Massimo-Stipendium wurde er 1935 in Rom mit der faschistischen Muskel-Bildhauerei konfrontiert – und warnte davor, dass dies auch in Deutschland zu erwarten sei. Er behielt Recht. Und der im selben Jahr entstandene zartgliedrige, lebensgroße „Johannes“ erhielt Ausstellungsverbot.

Nach 1945 begann die schon 20 Jahre vorher prophezeite Karriere

Schon in den 1920er Jahren wurde Marcks als Deutschland Bildhauer der Zukunft gehandelt. Diese Karriere wurde erst nach 1945 langsam Wirklichkeit. Nach und nach kamen auch private und öffentliche Aufträge. Die ersten in Köln (hierher zog er 1951) waren schon 1947 zwei Terrakotta-Figuren für die Fassade des Kunsthauses Lempertz. Es folgte 199 die „Trauernde“, die seitdem vor St. Maria im Kapitol an die gefallenen und Toten des Zweiten Weltkriegs erinnert.

Am bekanntesten ist sicherlich sein bronzener Albertus Magnus vor dem Uni-Hauptgebäude (1956). Seit 1965 stand seine „Gaea“ in der Stollwerck-Passage, die in Domnähe die Breite Straße mit der Straße Am Hof verbindet. Als der Gebäudekomplex 2005 verkauft wurde, veräußerte der neue Besitzer auch die Bronze-Figur. Irrtümlich – denn sie war städtischer Besitz. Als Wiedergutmachung wurde eine neue „Gaea“ aufgestellt. Die trägt – anders als ihre Vorgängerin – einen Mantel, der auch ihre unteren Beine verhüllt: Ein Beispiel dafür, wie Marcks seine Werke „überarbeitete“.

„Gaea I“ steht inzwischen im Deutzer Rheinpark, ebenso wie eine „Eva“ aus dem Jahr 1947. Schließlich wurde 1964 in Deutz auf dem heute nach ihm benannten Platz der „Düxer Bock“ aufgestellt. Außerdem steht noch ein Zement-Hund vor Marcks’ ehemaligem Wohnhaus in Müngersdorf.

In der Kölner Ausstellung zeigen rund 100 Zeichnungen zeigen am Beispiel von 23 Klein- und Großskulpturen, wie Marcks seine Ideen entwickelte und umsetzte. Es sind Leihgaben des Gerhard-Marcks-Hauses in Bremen (für die Hansestadt schuf der Künstler die „Bremer Stadtmusikanten“). Hinzukommen Leihgaben von einem Kölner Privatsammler.   

[infobox]„Gerhard Marcks: Der Bildhauer denkt! Von der Zeichnung zur Plastik“ – bis 3. Juni 2018, Käthe Kollwitz-Museum, Neumarkt 18-24 (Neumarkt-Passage), 50667 Köln, Tel. 0221 / 227-28 99 / 26 02, Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18 Uhr, Sa, So und feiertags 11-18 Uhr, Eintritt: 5/2 Euro

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Autor: ehu
Foto: Blick in die Ausstellung: 1968 schuf Gerhard Marcks diese “Ziege”, deren Komposition  von Parallelogrammen bestimmt wird.