Köln | Endlich ist sie da, wo sie eigentlich schon seit 40 Jahren hängen sollte: Für 400.000 Dollar wurde die Kulturmarkt und Kulturpolitik kritische Arbeit „Der Pralinenmeister“ von Hans Haacke für das Museum Ludwig angekauft. Zusammengelegt haben dafür die Kulturstiftung der Länder, die „Peter und Irene Ludwig Stiftung“ und die „Perlensucher am Museum Ludwig“.

14 Tafeln sind es – in Diptychen zusammengefasst, jeweils 100 x 70 Zentimeter groß –, die sich mit dem Kunstsammler, Mäzen und Namensgeber des Hauses Peter Ludwig beschäftigen. 1981 gaben Laszlo Glozer und Kaspar König (von 2000 bis 2012 selber Direktor des Museums Ludwig) die Arbeit in Auftrag. Sie sollte auf der von ihnen organisierten Ausstellung „Westkunst“ gezeigt werden, war ihnen dann aber doch zu heikel. Zu sehen war der „Pralinenmeister“ dann in der Galerie von Paul Maenz.

Ein kritisches Porträt des Kunstsammlers und Schoko-Fabrikanten Peter Ludwig

Auf den Tafeln beschreibt Haacke zum einen das Schokoladen-Imperium des Aachener Fabrikanten Peter Ludwig auf, das seinerzeit neben der Hausmarke Trumpf so bekannte Namen wie Lindt, van Houten, de Beukelaer oder Novesia umfasste. Diese werden durch bunte Originalverpackungen von Schokolade, Pralinen oder Instant-Getränken repräsentiert. Gekrönt werden die Tafeln vom Porträt des Fabrikanten, die sich mit Bildern von Arbeiterinnen bei ihrer Arbeit abwechseln.

Dazwischen Texte über deren nicht gerade arbeitnehmerfreundlichen Arbeitsbedingungen. Wurde etwa eine Arbeiterin – viele kamen aus Marokko – etwa schwanger, musste sie kündigen. „Wir sind eine Schokoladenfabrik und kein Kindergarten“, zitiert Haacke die Geschäftsführung. Leben mussten sie in eingezäunten Wohnheimen, die Miete wurde vom Lohn abgezogen. Thematisiert werden ebenso die Steuererleichterungen, die Kunstmäzene durch Stiftungen und Dauerleihgaben erhalten, und der Einfluss des Sammlers auf den Kunstmarkt und die Kulturpolitik einer Stadt wie Köln.

Heftige Diskussionen im Vorfeld um den Bau des neuen Kölner Museums

„Der Pralinenmeister“ war so Teil einer aktuellen Diskussion: In den frühen 1980er Jahren war der Bau des neuen Museums heftig umstritten. Nicht nur, weil es den Namen Ehepaares Ludwig tragen sollte – schließlich bildeten dessen Leihgaben einen wesentlichen Bestandteil des neuen Hauses. Bezahlte nicht der einfache Steuerzahler die Sammelleidenschaft des reichen Fabrikanten durch die Steuererleichterungen, die dieser erhielt und mit denen er sich ein Denkmal bauen lassen konnte? Wäre das Geld für den Museumsbau nicht nötiger für Kindergärten und Schulen? Ein Argument, das auch aktuell zu hören ist, wenn es um die teure Opernsanierung geht.

Angeblich – so wird erzählt – habe Ludwig sein „Porträt“ über den Kölner Galeristen Rudolf Zwirner kaufen wollen. Haacke lehnte ab, befürchtete, dass es dann im Keller verschwinden wurde. Schließlich landete es in der New Yorker Silverman-Collection, wo es jetzt – mit Zustimmung des Künstlers – für Köln erworben wurde. Nun hängt es als Teil der Kölner Museumsgeschichte gegenüber Haackes Arbeit „Manet Projekt“, in dem er 1974 die Wertsteigerung von Edouard Manets „Spargel“-Stillleben erforschte: Erstmalig wechselte es um 1880 für 1.000 Franc den Besitzer, 1968 ersteigerte es das Kuratorium des Wallraf-Richartz-Museums für 1,36 Millionen Mark.

Heute freut man sich über die Leihgaben und Schenkungen der Ludwigs

Inzwischen sieht man auch die Mäzene Ludwig in anderem Licht. , überwiegend positivem Licht. Das liegt zum einen an den vielen Museumsgründungen rund um den Globus, die ihnen und ihren großzügigen Leihgaben und Schenkungen zu verdanken sind. Gerühmt wird auch ihr Kunst-Sachverstand – der sich schon früh und gleichberechtigt für zeitgenössische Kunst aus Lateinamerika oder der Sowjetunion interessierte, als letztere noch vom ersten Direktor „seines“ Kölner Museums als „unfrei entstanden“ abgelehnt wurde.

Nur ein kleiner Makel bleibt: Ebenfalls in den 1980er Jahren verkaufte Ludwig mittelalterliche Handschriften, die er dem Schnütgen-Museum auch zur wissenschaftlichen Erforschung übergeben hatte, an das Getty-Museum in Los Angeles, nachdem das Land NRW das Angebot abgelehnt hatte. Der Unternehmer brauchte das Geld, um seine Firma aus einem Dilemma zu helfen. „Das einzige Mal, dass er mit Kunst spekuliert hatte“, so Brigitte Franzen, Vorstand der „Peter und Irene Ludwig Stiftung“.

Autor: ehu
Foto: Zwei Tafeln aus dem Zyklus „Der Pralinenmeister“. © Hans Haacke/ VG Bild-Kunst. Courtesy Paula Cooper Gallery, New York. Foto: Roland Fritsch