Köln | Fünf Jahre haben die Vorbereitungen für die neue Ausstellung im Museum für Ostasiatische Kunst gedauert. Jetzt ist klar: Dabei wurde ein Schatz entdeckt, der seit einem Jahrhundert im Depot ruhte. Zu sehen sind jetzt 360 Meisterwerke japanischer Holzschnittkunst zu sehen.

„Männer in komischen Posen“ – ein Holzschnitt aus Kyôsais „Album von Malerei“, entstanden 1860. © RBA / Museum für Ostasiatische Kunst Köln

360 Einzelgrafiken und Bücher von rund 2.000. Den Grundstock lieferte das Ehepaar Adolf und Frieda Fischer, das Ende des 19. Jahrhunderts die Objekte in Japan kaufte und sie dann Köln schenkte. 1913 konnte dann ein Museum für diese Sammlung eröffnet werden. Jetzt wurde sie erstmals komplett wissenschaftlich erfasst – und damit auch die Geschichte der Sammlung. So wurden in den 1920er Jahren Grafiken verkauft, um davon wissenschaftliche Literatur zu kaufen. Unbekannt ist, was in beiden Weltkriegen verloren ging. Nach 1945 blieb das Museum ein Provisorium, erst vor 40 Jahren konnte das heutige Haus am Aachener Weiher bezogen werden.

Das wohl bekannteste Exponat: Hokusais „Große Woge“

Bekanntestes Stück der Sammlung ist sicher Katsushika Hokusais „Große Woge an der Küste von Kanagawa“ aus dem frühen 19. Jahrhundert: Fischerboote kämpfen sich durch Meter Wellen, in der Ferne ragt der heilige Berg Fujiyama auf. Doch 40 Prozent des Bestandes sind Entdeckungen, wurden noch nirgends beschrieben, strahlt ein stolzer Matthi Forrer: „Ich habe bestimmt 40 Meter Bücher zu diesem Thema zu Hause – diese Arbeiten werden nirgends erwähnt.“. Der Experte aus den Niederlanden arbeitete mit Hausherrin Adele Schlombs auch an den Wochenenden an der großen Aufgabe. „Ich habe noch nie eine so hervorragende Sammlung in so einer Unordnung gesehen“, gesteht er.

Was jetzt zu sehen ist, entführt den Betrachter ins 18. und 19. Jahrhundert, die Hochzeit des japüanischen Farbholzschnitts. Eine Zeit der Bilderflut, eine Zeit, in der reiche Kaufleute nicht nur, aber vor allem in Edo, dem heutigen Tokio, den Kunstbetrieb anheizten. Vergnügungssüchtig waren sie aus „Langeweile“, denn politisches Engagement war ihnen versagt. So besuchten sie „Vergnügungshäuser“, Kabuki-Theater und Sumo-Ringwettkämpfe.

Bilder von Schauspielern wurde gesammelt wie heute Fußballer

Von den Bühnen- und Sport-Stars wurden – ähnlich den Fußball-Sammelbildern von heute – Porträts angefertigt. Und die wurden gekauft. Wenn nach drei Monaten das Theaterprogramm wechselte, mussten neue Bilder her. Ebenso begeht waren die Bilder der „schönen Frauen“, der Kurtisanen. Und natürlich auch erotische Szenen. Umgerechnet kosteten sie vielleicht drei Euro, schätzt Forrer. Peanuts also für die Händler, die ihre Geschäfte mit den Ausländern machten.

Neben solchen Themen waren es Illustrationen zu den vielen Gespenstergeschichten, Landschaften und Städteansichten, Blumen und Tiere. Skurril die Bilder von zwei Dromedaren. Sie erzählen eine wahre Geschichte: Anfang des 19. Jahrhunderts waren auch die – als einzige Ausländer in Japan zugelassenen – holländischen Kaufleute häufige Gäste der „Vergnügungshäuser“. Eine der dort arbeitenden Frauen machte den Kapitän Jan Cock Blomhoff zum Vater. Der nahm seine Vaterpflichten ernst, brachte aus Arabien zwei Dromedare ins Reich der aufgehenden Sonne, wo die exotischen Tiere gegen Geld zu bestaunen waren. Mit „Flugblättern“ wurde für die Besichtigungstournee geworben.

Die Auflagen erreichten oft mehrere tausend Exemplare

Die Massenauflagen waren durch die besondere Herstellung möglich. Anders als in Europa wurde nicht mit einer Presse gedruckt. Stattdessen wurde ein Papier auf die angefärbte Druckplatte gelegt, das dann mit einem Lederball in behutsamer Handarbeit auf die Platte gedrückt wurde und so den jeweiligen Farbstatus annahm. Auch solche Werkzeuge sind zu sehen. Durch dieses schonende Verfahren konnten Auflagen von über 10.000 Exemplaren erreicht werden. Mit einer Druckpresse können es vielleicht 400 sein, dann mus nachgeschnitten werden – was aber nur wenige Male möglich ist.

Kunsthistorisch interessant ist auch zu sehen, wie die japanischen Künstler den Einfluss aus Europa aufnahmen. So übernehmen sie langsam die Zentralperspektive, „klassisch“ ist es dagegen, das auf dem Bild nach oben zu rücken, was in der Ferne liegt. Und das Naheliegende nach unten. Und so wie Hokusai sich von den Linien seiner europäischen Kollegen inspirieren ließ, ließen die sich um 1900 von seinen Arbeiten faszinieren.

Zur Ausstellung ist ein umfangreicher, 400 Seiten dicker Katalog erschienen – allerdings nur auf Englisch. Für Schlomps ein absolutes Muss, um sich in der internationalen Szene behaupten zu können und den herausragenden Wert der neuen Kölner Schätze angemessen zu präsentieren.

[infobox]„Das gedruckte Bild – Die Blüte der japanischen Holzschnittkultur“ – bis 1. Juli 2018, Museum für Ostasiatische Kunst, Aachener Straße, Di-So 11-17 Uhr, jeden ersten Donnerstag im Monat 11-22 Uhr, Mo geschlossen. Eintritt: 9,50/5,50 Euro, Katalog, 39,80 Euro

[/infobox]

Autor: ehu
Foto: Das Bild dürfte wohl jeder kennen: Kasushika Hokusais „Große Woge an der Küste von Kanagawa“ (1830). © RBA / Museum für Ostasiatische Kunst Köln