Köln | Am Anfang stand 2004 – von einer anonymen Gruppe geschrieben – der Roman „Reena Spaulings“. Es folgten eine Galerie und ein Künstlerkollektiv mit diesem Namen. Das hat jetzt im Museum Ludwig seine erste Museumsausstellung – mit jüngsten Arbeiten und einem Rundumschlag auf die Kunst und das Kunstgeschäft.

Drei Individuen bilden ein Kollektiv: Jutta Koether, John Kelsey und Emily Sundblad (v.l.). Foto: ehu

Die Kunst und das Kunstgeschäft sind das zentrale Thema des Dreier-Kollektiv, das immer wieder auch Kollegen zur Mitarbeit einlädt. Eigens für die Kölner Ausstellung haben sie die Arbeit „Bonjour“ geschaffen. Auf drei beidseitig bemalten – besser: mit Pinsel gezeichnet – zitieren sie ein Gemälde von Gustav Courbet: Der französische Künstler malte sich 1854, wie er zufällig auf freiem Feld seinen Sammler Alfred Bruyas trifft, der von seinem Diener und einem Hund begleitet wird. Eine merkwürdige Szene, bei der nur der demütige Diener sich dem gegenseitigen Gockelspiel von Eitelkeit und Arroganz entzieht. Und bei der sich hier eine der Personen sogar in einen ratlosen Frosch verwandelt, zu dessen Füßen ein giftiger Skorpion kriecht.

Wie wichtig ist ein Künstler,  und wer bestimmt seinen Marktwert?

Und wie ist es heute? Welche Rolle spielen Künstler, Sammler, Museen, Händler? Und Kunstberater, die mit ihrer – vermeintlichen? – Kompetenz bestimmen, was ihr Auftraggeber kauft, und so auch den Marktwert des Künstlers bestimmen? Den smarten Vertretern dieses neuen Berufsstandes haben sie gleich ein Dutzend Porträts gewidmet. Und dabei gleichsam nebenbei auch gezeigt, das sie ihr malerisches Handwerk verstehen – ohne zu verraten, wer was gemalt hat.

Denn das gehört zum Prinzip von „Reena Spaulings“: Die Bilder oder Werkkomplexe entstehen immer gemeinsam – gleichzeitig, abwechselnd, bisweilen auch gegeneinander. Entscheidend ist das Ergebnis, und das verrät keinen Solisten. Besonders deutlich wird das, wenn sie die Technik der Pointillisten aufgreifen, etwa wenn sie Postkarten-Idyllen vom Kölner Dom malen (die sie von Wachhund-Automaten bewachen lassen). Oder – und das erinnert an Monets „Heuhaufen“-Serie – gleich in neun Variationen ein neues Wohnhochhaus in New York malen.

Provokante Behauptung: Eine Maschine malt wie William Turner

Und wenn die Handschrift eines Künstlers egal ist, kann man auch gleich einen Putzroboter auf die Leinwand setzen und malen lassen. „Die muss man schon noch bedienen“, lacht Trio-Mitglied Jutta Koether. Was sie und ihre Mitstreiter nicht daran hindert, diese Großformate mit den Seelandschaften von William Turner zu vergleichen. Die Maschinen können in der Tat feinste Strukturen hinterlassen.

Putzroboter als Künstler – ein ebenso fein- wie hintersinniger Kommentar zur aktuellen Kunstszene. Natürlich ist „Reena Spaulings“ – neben Koether gehören noch Emily Sundblad und John Kelsey dazu – auch ein Teil davon. Und die Kölner Ausstellung in der neuen Reihe „Hier und jetzt“ dürfte ihren Marktwert nicht unerheblich erhöhen. Sei’s drum.

[infobox]„Reena Spaulings: her and no“ – bis 27. August 2017, Museum Ludwig, Heinrich-Böll-Platz, Di-So 10-18 Uhr, jeden 1. Donnerstag im Monat 10-22 Uhr

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Autor: dts | Fotos: ehu
Foto: Blick in die „Reena Spaulings“-Ausstellung: Im Mittelpunkt die Variationen zu Gustav Courbets Bild „Bonjour Monsieur Courbet“. Foto: ehu