Leverkusen | Vom New Yorker Museum of Modern Art bis zum Pariser Centre Pompidou: Rosemarie Trockels Kunst reist zu Ausstellungen rund um die Welt. Doch das neueste Projekt ist ein Novum. Das Museum Morsbroich in Leverkusen präsentiert die international gefeierte Gegenwartskünstlerin in einem früheren barocken Lustschloss. „Maison de Plaisance“ heißt die Doppelausstellung, in der ab Sonntag (17. Juni) rund 100 Skulpturen, Installationen, Collagen und Aquarelle von Trockel und der befreundeten Künstlerin Paloma Varga Weisz zu sehen sind.

Ein Drittel der vielseitigen Arbeiten zum Überthema Menschsein ist eigens für die Ausstellung entstanden oder erstmals zu sehen. Tabus gibt es nicht: Auf einer Schwarz-Weiß-Fotografie verdeckt eine dicke Spinne die Genitalien einer nackten Frau. Ganze Wände wurden anders gestrichen, ein Zimmer wurde verkachelt und ein Raum von der Bildhauerin Weisz rundum mit einem Schwamm betupft und mit schwarzen Hasen bestempelt. Mittendrin liegt eine lebensgroße Keramikfigur, ein 1:1-Abbild ihrer Mutter.

Trockel lässt eine Palme kopfüber von der Decke hängen. In einem Käfig zwitschern ausgestopfte Vögel im exotischen Kleid. Alle paar Sekunden bewegen sie sich. Daneben hängt ein verformtes Weihwasserbecken. Für „Still Life“ montiert Trockel Dutzende Gymnastikreifen an eine blaue Wand. Obwohl sich nichts dreht, scheinen die Hula-Hoop-Reifen zu schwingen.

Beide Künstlerinnen ähneln sich in den Themen und der Arbeitsweise. Immer wieder gibt es Parallelen. Die 45-jährige Weisz, die an der Kunstakademie Düsseldorf studierte, lässt aus einem Holzfass Kinderbeine ragen. Trockel sperrt ein Bein in eine goldene Glasvitrine. An einer Wand hängen Aquarelle von Weisz, auf denen sie Menschen entfremdet hat. Hier wird ein Kopf gespalten, dort hat ein Mensch tierische Züge oder wird verdoppelt. Trockel hält Fotocollagen dagegen. Einem hockenden Mann fehlt die Hose, auf einem anderen Bild ist nur ein einziges, geschlossenes Auge zu sehen.

Wenige Strickbilder

Manchmal scheint es, als ob sich die beiden Frauen in dem Lustschloss künstlerisch ausgetobt haben, so unterschiedlich und auch mutig sind die vielen Arbeiten. Wer bei dem Museumsbesuch auf Strickbilder, mit denen die 59-jährige Trockel vor allem berühmt geworden ist, aus ist, wird enttäuscht. Gerade mal zwei, drei Stück hält die Ausstellung bereit.

Trockel spielt in der Topliga der Gegenwartskunst. Die britische Zeitschrift „Art Review“ sieht sie aktuell auf Rang 41 der einflussreichsten Künstlerinnen. Auch im „Kunstkompass“ ist die scheue Künstlerin regelmäßig vorne mit dabei. Mit der Ausstellung in Leverkusen kehrt Trockel zurück zu ihren Wurzeln: In Schwerte bei Dortmund wurde sie geboren, in Leverkusen wuchs sie auf. Die vergleichende Ausstellung ist bis 30. September geöffnet.

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Besucherinformationen zur Trockel-Weisz-Ausstellung

Die Ausstellung „Maison de Plaisance – Rosemarie Trockel und Paloma Varga Weisz“ ist vom 17. Juni bis 30. September geöffnet.
Museum Morsbroich, Gustav-Heinemann-Straße 80, 51377 Leverkusen; Tel.: 0214/855560.
Öffnungszeiten: Donnerstag 11.00 bis 21.00 Uhr, Dienstag, Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag von 11.00 bis 17.00 Uhr.
Eintritt: Erwachsene 5,50 Euro; ermäßigt 4,00 Euro.

Autor: Fabian Wahl, dapd | Foto: Roberto Pfeil/dapd
Foto: Eine Besucherin schaut sich  in Leverkusen im Museum Morsbroich in der Ausstellung „Maison de Plaisance“ das Kunstwerk „Still Live“ der Kuenstlerin Rosemarie Trockel an.