Köln | Eine (Stadt-)Landschaft – der Blick aus dem Atelier von Nicephore Niepce – war 1826 das erste Motiv in der Geschichte der Fotografie. Ein Blick auf aktuelle Tendenzen der Landschafts- und Architekturfotografie bietet jetzt die SK Stiftung Kultur am Beispiel von Michael Collins, Paola de Pietri und Laurenz Berges.

Der Ausstellungstitel „Witterungen“ verweist auf das, was die drei Fotografen – alle in den 1960ern geboren – verbindet: der Blick auf Veränderungen, denen Objekte und Landschaften unausweichlich vor allem durch den Ablauf der Zeit unterliegen. Es ist ein oft wehmütiger Blick, verstärkt durch die Großformate.

Die Bilder von Verfall ziehen den Betrachter in ihren Bann

Bei der Italienerin Paola de Pietri wird er noch durch Nebel einen Hauch nostalgischer. In der Po-Ebene fotografiert sie zum einen alleinstehende Bäume, zum anderen verfallende Häuser, die oft wie einsame Inseln inmitten der leeren Felder stehen. Grau ist die beherrschende Farbe, in der sich alles aufzulösen scheint.

Beeindruckend bei Michael Collins ist nicht nur das Triptychon, in dem er einen gestürzten Baum umkreist. Dessen Wurzeln und Äste ragen in die Luft wie die Extremitäten eines gestürzten Ritters – ein monumentales Naturdenkmal. Leichte Farbtöne verstärken in den Fotos aus dem Inneren eines verlassenen Stahlwerks die Atmosphäre des langsam fortschreitenden Verfalls.

Ähnlich die Arbeiten im heimeligen Format von Laurenz Berges, der sich auf die Suche nach Details macht. Im Ruhrgebiet stieß er auf leere Klingelschilder, einsame Glühbirnen, abfallenden Putz und sich auflösende Plastik-Gartensessel. Es sind – wie auch bei den beiden anderen – keine Bilder für den schnellen Blick, sie ziehen den Betrachter in sich hinein und lassen ihn lange nicht los.

Die einfache Schönheit der Natur: Das Foto von Paul Dobe zeigt den „Gemeinen Löwenzahn, Taraxacum officinale, Fruchtkopf, halbabgeblasen“ (1914). © Nachlass Paul Dobe. Courtesy Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur Köln/Dauerleihgabe Privatsammlung

Pflanzenfotos als Vorlage für wissenschaftlich Bücher

Parallel zeigt die SK Stiftung Kultur Landschaftsaufnahmen aus der eigenen Sammlung. Dazu gehören jetzt auch je eine Arbeit von Candida Höfer, Boris Becker und Elger Esser als Dauerleihgabe der Landes-Stiftung Kunst an die Kölner Institution. Außerdem zu sehen ist eine 12-teilige Leihgabe des LVR-Landesmuseums Bonn: Die Dokumentation der Aktion vom Rhein, bei der Klaus Rinke 1978 an 12 verschiedenen Stellen Wasser aus dem Rhein schöpfte.

Außerdem zu sehen ist ein umfangreiches Konvolut mit Arbeiten von Bauhaus-Dozent Paul Dobe (1880-1965). Sein Nachlass wird in der Graphischen Sammlung wissenschaftlich aufbereitet. Der ausgebildete Zeichner nutzte seine Schwarzweiß-Pflanzenfotos als Vorlagen für seine wissenschaftlichen Bücher. Besonders interessierten ihn dabei Formgesetze und Konstruktionsprinzipien – etwas, was in jüngster Zeit wieder das Interesse von Ingenieuren gefunden hat. Seine Fotos zeichnen sich ähnlich wie die von Karl Blossfeldt – Dobe könnte ihn als Student am Berliner Kunstgewerbemuseum kennengelernt haben – durch große Klarheit und formale Strenge aus. Mit ähnlichem Anspruch fotografierte Dobe auch Wolken.

[infobox]„Witterungen – Photographische Aufzeichnungen zwischen Landschaft und Lebenswelt von Laurenz Berges, Michael Collins und Paola de Pietri“ – bis 8. Juli 2018, Photographische Sammlung der SK Stiftung Kultur, Komed-Haus, Im Mediapark 7, Tel. 0221 / 888 95-311, täglich außer Mittwoch 14-19 Uhr, Eintritt 5,50/3 Euro, erster Montag im Monat frei. Der aufwändig gestaltete Katalog zu “Witterungen” (3 Leporelles im Schuber) kostet 34 Euro

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Autor: ehu
Foto: Paola De Pietri fotografierte dieses verlassene Gebäude 2014 in der norditalienischen Po-Ebene. Aus ihrer Serie „Questa Pianura“. © Paola De Pietri