Köln | Beengt fühlt sich neuerdings der Besucher der artothek: In den hohen, über zwei Geschosse reichenden Ausstellungssaal wurde eine Zwischendecke eingezogen. Sie ist ein prägendes Element der Rauminstallation „Sparen“ von Stefanie Klingemann.

In dem nun niedrigen „Erdgeschoss“ hat die 41-jährige Kölner Künstlerin – ihr Markenzeichen sind performative und ortsbezogene Arbeiten – ein spartanisch eingerichtetes „Beratungsbüro“ eingerichtet. In dem kahlen weißen Raum verlieren sich ein grauer Schreibtisch mit Nebenschränkchen, davor und dahinter je ein Stuhl. Zwei weitere schwarze Stühle stehen an der Wand für Wartende.

Das Mobiliar hat man im Keller der artothek gefunden, das Material für die Zwischendecke – Platten und Dachleisten – stammt aus dem „Kulturwerk für schöne Künste“ in Deutz. Die Nutzung von Ressourcen ist ein Aspekt dieses Kunstwerks, das Sparen zum Thema hat. Dafür steht auch die ästhetische Kargheit – Klingemann versteht sie auch als Symbol für eine Sparpolitik, die an den Bedürfnissen der Bürger vorbeigeht und den Gegensatz von Arm und Reich vergrößert.

Sparen beim privaten Kunstgenuss: Bilder leihen statt laufen

Dabei hat die Künstlerin nichts gegen Sparen, etwa bei Energie. Ein positives Beispiel für Sparen ist da auch der Ausstellungsort artothek selber, in der man sich gegen eine geringe Gebühr Kunst ausleihen kann. Man muss Kunst also nicht kaufen (was die Künstler dazu sagen, ist eine andere Frage).

So eindrucksvoll das schnörkellose Bild ist, das beim Besuch der artothek entsteht, lässt die Installation allerdings den Betrachter hinsichtlich ihrer Aussage ratlos zurück, insbesondere was ihre Präsentation in dieser Zeit aussagen will. So wirft die Installation inhaltlich eine Reihe Fragen, die sie nicht wertend beantwortet, sondern offen lässt, obwohl die Konzepte, etwa dass Berater keinen festen Arbeitsplatz mehr haben, sondern als Laptopnomaden umherziehen, schon längst und ständig diskursiv nach Pro und Contra erörtert werden. Wenn jetzt aber immer die ein und dieselbe Person, in Form der Künstlerin, an diesem Schreibtisch berät, fehlen dann nicht Familienfotos oder persönlicher Krimskrams und was sollen Werkzeuge zur Papierbearbeitung auf einem Beraterschreibtisch?

Auch das Postulat der „schlanke Staat“ ist ein Schreckgespenst vergangener Tage, an dessen Personalsparmaßnahmen Verwaltungen, Schulen oder Polizei allerdings noch heute leiden. Bund und Land wollen mehr ausgeben. Die Stadt hat gerade den Etat für die freie Kölner Kulturszene erhöht – und das ist auch die nächsten Jahre so festgeschrieben. Der sichert auch die Existenz der artothek – anders als noch vor einigen Jahren – als diese durch Sparpläne der Politik gefährdet war.

Unklar bleibt auch, worüber und wie die Künstlerin in ihren angekündigten „Beratungsstunden“ beraten will. Finanzen? Energie? Lebensplanung? Zinsentwicklung? Kunst? Installation? Da bleibt nur, hingehen und sich beraten lassen…

[infobox]Stefanie Klingemann: „Sparen“ – bis 23. Februar 2019. artothek, Haus Saaleck, Am Hof 50, 50667 Köln, Tel. 0221 / 221 22 332, Di-Fr 13-19 Uhr, Sa 13-16 Uhr. Eintritt frei.

Jeden Mittwoch bietet Stefanie Klingemann von 13 bis 14 Uhr „Beratung“ in der Ausstellung an. Für den 23. Februar verspricht sie von 11 bis 13 Uhr einen „lebendigen Dialog“ zum Thema Sparen mit dem Kommunikations- und Dialogbegleiter Bernd Gerke.

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Autor: ehu