Köln | Ein Kunstwerk durchpausen und die Kopie weiterverwenden – für Künstler seit Jahrhunderten eine übliche Technik. Manchmal angesehen und akzeptiert, manchmal auch verdammt. Eine – wie immer – qualitätvolle Kammerausstellung in der Reihe „Der (n)gewisse Blick“ widmet sich jetzt im Wallraf-Richartz-Museum diesem Phänomen.

Das Durchpausen war und ist nötig, wenn ein Künstler etwa eine Zeichnung auf eine Druckplatte übertragen wollte. Viele nutzten die mehrfache Kopie auch, um verschiedene Kompositionen auszuprobieren – wie wirkte es etwa, wenn man Personen in die Landschaft stellte? Oder war das Spiegelbild – sichtbar auf der Rückseite – nicht das bessere Bild? Schließlich wurden berühmte Vorbilder – oft schon zu deren Lebzeiten – kopiert, um die Nachfrage nach dem Original zu befriedigen. Dazu inspirierten Albrecht Dürers Werke.

Giorgio Vasari, der Mitte des 16. Jahrhunderts das erste Künstlerlexikon verfasste, bewertete Kopien als unkünstlerisch, ihnen fehle die eigene Urheberschaft. So geriet auch die Pause in Verruf. Erst mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurde sie wieder salonfähig. Der deutsche Künstler Joseph Anton Koch gab die vielfachen Pausen seiner Landschaftszeichnungen sogar an Künstlerkollegen als Vorstudien für deren Arbeiten weiter, er konnte sie sogar an Sammler verkaufen. Ob sie als „Original“ galten, sei dahin gestellt. All diese Aspekte kann Thomas Ketelsen, Leiter der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums, mit fast 40 Beispielen aus den eigenen Beständen dokumentieren.

Aus der Schwimmblase des Hausen wurde Transparentpapier

Heute würde man zum Durchpausen ganz selbstverständlich zu Transparent- oder Butterbrotpapier greifen. Das aber gibt es erst seit gut 200 Jahren. Vor über 500 Jahren aber gab es das nicht. Da nutzte man Pergament, das es auch durchsichtig gab. Üblich waren aber vor allem „Fischleim-Pausen“: Hierfür wurde aus der Schwimmblase des Hausen, einer Störart, ein Leim gekocht. Auf einer Marmorplatte gestrichen, ergab er eine dünnes „Transparent“-Papier, auf das gezeichnet werden konnte. Allerdings ging es dabei verloren. Deshalb gibt es davon heute nur noch zwei Exemplare – eins in Basel, eins in Dresden – das ist jetzt auch in Köln zu sehen.

Eine zweite Methode war, Büttenpapier mit Öl oder Fett zu bestreichen, worauf es durchsichtig wurde – ein chemischer Prozess, den man kennt, wenn man mit fettigen Fingern zur Morgenzeitung gegriffen hat. Ob Fischleim oder Öl – beides hinterließ Spuren auf dem Original. Vielleicht deuten diese Flecken, die Museumsrestaurator und Ko-Kurator Thomas Klinke immer wieder auf Bildern findet, auf deren Beliebtheit bei Kopisten hin. (ehu)

[infobox]„Die Kunst der Pause – Transparenz und Wiederholung“ – bis 5. Juni 2017, Wallraf-Richartz-Museum, Di-So 10-18 Uhr, erster und dritter Donnerstag eines Monats bis 22 Uhr. Katalog: 10 Euro

[/infobox]

Foto: Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln | Ein unbekannter Künstler kolorierte die auf die Rückseite durchscheinende Radierung „Allegorie der Musik“ seines Kollegen Samuel Bottschild (siehe unten). Die Quadrierung deutet darauf hin, dass er daraus ein größeres Gemälde machen wollte. 

Autor: ehu | Foto: Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln
Foto: So sieht die Original-Radierung „Allegorie der Musik“ (um 1690) des Dresdners Samuel Bottschild aus – sie ist auf der „Vorderseite“ des oben abgebildeten Blattes zu sehen.