Köln | Zandra Harmes ist die diesjährige Dormagen-Guffanti-Stipendiatin der Stadt Köln. Die Zeichnerin wird jetzt sechs Monate lang mit den Bewohnern des SBK-Heims in Longerich ein Kunstprojekt umsetzen. Die Jury hat sie aus 27 Bewerbern ausgewählt.

„In Zeiten der digitalen Manipulierbarkeit, in der alle erdenklichen Korrekturen und Manipulationen vom Künstler vorgenommen werden können, wirken ihre Arbeiten bewusst handgemacht, nicht perfektioniert-stilisiert“, beschreibt die Jury die Arbeitsweise von Zandra Harms. Und weiter: „Manchmal nehmen die gemalten Figuren so den Kontakt mit dem Betrachter auf, bleiben dabei aber geheimnisvoll und entziehen sich jeder Form der Typisierung oder Normierung.“.

Beim 3. Mal war die Bewerbung endlich erfolgreich

Beworben hatte sich die 49-Jährige schon zweimal, jetzt hat es endlich geklappt. Und sie weiß auch schon, was sie machen wird: Ein riesiges Wandbild in der Aula des „Städtischen Behindertenzentrums Dr. Dormagen-Guffanti“. Dazu sollen die Bewohner – vor allem oft mehrfach behinderte Erwachsene, aber auch die Mitglieder des Gehörlosen-Zentrums und der Nichtsesshaften-Hilfe – einen Beitrag mit eigenen Bildern, egal ob abstrakt oder figurativ, beitragen. Auch ihre beiden Kinder – 6 und 8 Jahre alt – und deren Freunde will sie einmal mitbringen.

„Mal sehen, was daraus entsteht, vielleicht ein emotionaler Stadtplan oder ein Freundschaftsplan“, freut sie sich schon auf ihren Aufenthalt in Longerich, der am Montag beginnt. Erfahrungen mit dieser Zielgruppe hat sie schon, generell liebt sie Workshops: „Es ist spannend, aus den Teilnehmern ihre besonderen Interessen und Fähigkeiten herauszukitzeln. Da sind viele Überraschungen möglich.“.

„Künstler haben eine andere Wahrnehmung als Kunsttherapeuten“

Genau das ist auch der Sinn dieses Stipendium: Die Künstler sollen nicht als „Kunst-Therapeuten“ die geistige und motorische Fähigkeiten der Teilnehmer fördern. Vielmehr sollen sie und die Bewohner auf Augenhöhe ihre Kreativität erkunden und Kunst als individuelle Ausdrucksform entdecken. „Künstler haben eine andere Wahrnehmung als Kunsttherapeuten, die Teil des Systems sind“, beschreibt es Galerist und Jury-Mitglied Jochen Heufelder.

Das Stipendium erinnert an den Kölner Arzt Hubert Dormagen. Er hatte der Stadt 1913 fast 500.000 Mark vermacht, wovon ein „Krüppelheim“ gebaut werden sollte. Im Erbe befand sich auch eine Gemäldesammlung. Das Betrachten dieser Bilder sollte „die Heilung der Kranken beschleunigen“. Sie wurden 1980 zu Gunsten der Stiftung verkauft, die 1953 aus dem Zusammenschluss mit der 1904 gegründeten Guffanti-Stiftung entstanden war.

Dormagens Urenkelin Nicola Dormagen, selber Bildhauerin, hatte das Stipendium vor 21 Jahren ins Leben gerufen, um die Vorstellungen ihres Vorfahren in moderner Form wiederzubeleben. Es wird im Wechsel für die Sparten Malerei, Foto, Film/Video, Handzeichnungen und Malerei bundesweit ausgeschrieben, und Bildhauer. Der Gewinner erhält mit Präsenzpflicht ein Atelier auf dem Gelände und für die Dauer von sechs Monaten monatlich 770 Euro sowie einen einmaligen Materialzuschuss. Er muss mit den Bewohner eine (Gemeinschafts-)Arbeit schaffen, die anschließend öffentlich ausgestellt wird.

Autor: ehu | Foto: ehu
Foto: Stipendiatin Zandra Harms hat sich schon einmal im Longericher Behindertenzentrum umgesehen.