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Zensur-Skandal um Erdogan-Karikatur von Thomas Baumgärtel
Köln | Für einen Skandal hat ein Bild des Kölners Thomas Baumgärtel auf der Kunstmesse „art Karlsruhe“ gesorgt: Eine Karikatur auf den türkischen Staatschef Erdogan wurde nach Protesten vorgeblicher türkischer Jounalisten abgehängt. Der Künstler spricht von Zensur, in den sozialen Netzwerken wird er von türkischen Fanatikern mit Mord bedroht. Report-K traf den Künstler in seinem Kölner Atelier und sprach mit ihm über Zensur, Haltung zur Kunst- und Meinungsfreiheit und über den Stellenwert politischer Kunst.
Dieses Bild mit dem Titel "Türkischer Diktator" aus der "Despotenserie" von Thomas Baumgärtel ließ der Galerist Oess auf der Art Karlsruhe nach dem Protest von türkischen Journalisten ohne Absprache mit dem Künstler abhängen und verkaufte es, so Baumgärtel, einen Tag später.
Das Bild ist Teil der „Despotenserie“, in der sich Baumgärtel auch Donald Trump und Kim Jong Un vorknöpft. Den gebückten Erdogan zeigt er mit einer riesigen Banane im Allerwertesten. Schon vor zwei Jahren wurde ein ähnliches Bild Erdogans mit dem Titel „Unter der Gürtellinie“ ohne die türkischen Fahnen im Hintergrund, bei der Ausstellung „Thomas Baumgärtel – politische Bilder“ des Kunstvereins Langenfeld nach Drohungen, Protesten und Demonstrationen vorzeitig abgehängt. Das war Baumgärtels Galerist Michael Oess bekannt, so der Künstler im Interview mit report-K, er hatte sich die drei Bilder jetzt zur Verkaufspräsentation ausgesucht.
Bild ohne Absprache mit dem Künstler abgehängt
Oess hatte das Bild am Donnerstagnachmittag nach der Beschwerde eines Türken – Oess spricht nach Zeitungsmeldungen von der „Inszenierung eines Agenten“ – ohne Absprache mit dem Künstler abgehängt. Der Journalist – wohl als Erdogan-Anhänger bekannt – hatte auch eine türkische Zeitung darüber informiert, die danach die Stimmung aufhetzte und das Bild als „rassistisch-vulgärer Angriff auf den türkischen Präsidenten“ wertete.
Baumgärtel zeigt sich – auch wenn das Bild inzwischen verkauft wurde – von der fehlenden Solidarität seines Galeristen enttäuscht und hat die Zusammenarbeit mit ihm aufgekündigt. Besonders befremdet ihn, dass sich Oess mit dem Beschwerdeführer fotografieren und dieses Foto verbreiten ließ. Fragen von report-k beantwortete der Karlsruher Kunsthändler nicht.
Karlsruher Messe weist jede Verantwortung von sich
Mehr als nur zurückhaltend die Stellungnahme der Messeleitung der Art Karlsruhe zu dem Vorfall. Sie verweist auf Anfrage von report-K auf die alleinige Verantwortung des Galeristen für die von ihm gezeigten Künstler und deren Arbeiten. Von Drohungen gegen die Messe sei ihr nichts bekannt, sie habe aber in enger Zusammenarbeit mit der Polizei „Vorkehrungen für erhöhte Sicherheit“ getroffen.
Für Baumgärtel, bekannt auch als „Bananensprayer“, ist der Vorfall ein Beweis dafür, wie weit der antidemokratische und kunstfeindliche Arm Erdogans reicht. Enttäuscht ist er von der mangelnden politischen Unterstützung deutscher Politiker und Kollegen – auch der des Messe-Kurators Karl Schrade, der das Bild als „unwichtig und nicht zentral“ für die Verkaufsausstellung bewertet hatte.
Selbst wenn dieses persönliche Urteil stimmen sollte: Die Aktion hat Baumgärtels Bild bekannter gemacht, als es den Beschwerdeführern lieb sein dürfte. Dazu begetragen hat auch ein übersensibler, von Selbstunsicherheit erfüllter Politiker, dem die Volksweisheit unbekannt ist: „Was kümmert es den türkischen Olivenbaum, wenn sich die Zikade an ihm scheuert“.
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