Dortmund | Die beiden Särge sind geöffnet, in den knallrot gestrichenen Wänden stecken Dutzende Pistolen. Das Thema Gewalt ist in der neuen Ausstellung „Le suréel Congo“ im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte ebenso gegenwärtig wie im Leben vieler Menschen in der zentralafrikanischen Demokratischen Republik Kongo. Doch Kurator Aimé Mpane will den Besuchern in der Ausstellung, die ab Samstag (14. Juli) zu sehen ist, noch weitaus mehr vom Kongo zeigen.

Streifzug durch den Kongo

Es ist ein weiter Streifzug durch die zeitgenössische Kunst des zentralafrikanischen Landes, den er im Dortmunder Museum präsentiert. Und dieser Streifzug ist Teil der Reihe „Kinshasa – Stadt der Bilder“, die mehrere Dortmunder Kultureinrichtungen in diesem Sommer zeigen. Es sei das breiteste, umfangreichste Projekt zeitgenössischer kongolesischer Kunst in Deutschland, sagt der Dortmunder Stadtdirektor und Kulturdezernent Jörg Stüdemann stolz.

Sehr groß ist die Ausstellung im Museum für Kunst und Kulturgeschichte mit ihren vielleicht 50 Werken nicht, dafür aber umso vielfältiger. Elf Künstler hat Mpane eingeladen, ihre Werke in Dortmund zu zeigen: Fotografien, Collagen, Filme und Installationen. So wie die gläsern wirkende Figur ohne Kopf von Vitshois Mwilambwe Bondo, deren durchsichtiger Körper mit Puppenköpfen, -armen und -beinen gefüllt ist. In der Hand hält der Mann eine Pistole und zielt geradewegs auf den Spiegel, in dem er selbst zu sehen ist. Oder die Holzpuppe von Aimé Mpane, in deren zertrümmerter Brust eine Axt steckt. An ihrem Ende hängen die Fahnen all der Länder, die versuchen, im Kongo ihre Interessen durchzusetzen: die USA, China, Europa und die beiden Teile Belgiens, Flandern und Wallonien.

Unglaublich zerbrechlich kommt die aus Streichhölzern geklebte Holzpuppe – ebenfalls von Mpane – daher, die über dem Boden zwischen Erde, Hölle und Paradies schwebt und sich um sich selbst dreht. Und dann sind da noch die Torsi aus Patronenhülsen von Freddy Tsimba, die wieder eine Geschichte der Gewalt erzählen, oder die Fotoreihe „Die Kunst des Scheins“ von Yves Sambu-Dinzenza. Hier ist inmitten eines Friedhofs ein mit einem Markenjackett bekleideter Mann zu sehen. Das Sakko passt ihm nicht, und er passt in dieser Kleidung nicht auf den staubigen Friedhof. Aber diese Gegensätze seien typisch für den Kongo, sagt Kurator Mpane. Viele trügen Markenkleidung, obwohl ihre Familien kaum Geld hätten.

Künstler leben zwischen Afrika und der westlichen Welt

In Deutschland ist Mpane zwar bislang kaum bekannt. Doch seine Arbeiten sind inzwischen in Galerien und Museen auf der ganzen Welt vertreten. Seine Biografie steht stellvertretend für so viele seiner Künstlerkollegen aus seiner Heimat. Aufgewachsen sind sie in Afrika, danach jedoch in die weite Welt geströmt, oft nach Frankreich, Belgien oder Amerika. Wer traditionelle afrikanische Kunst erwartet, ist in der Dortmunder Ausstellung daher auch falsch. „Sie eignen sich alles an, sie kombinieren alles miteinander. Häufig gibt es keinerlei Spuren eines Afrikanismus mehr in ihren Arbeiten“, sagt Mpane über seine Kollegen. Die abstrakten Bilder des Malers Henri Kalama etwa könnten genauso gut durch den Pinsel eines deutschen, französischen oder amerikanischen Künstlers entstanden sein.

Ergänzt wird die Schau im Museum für Kunst und Kulturgeschichte durch zwei weitere Ausstellungen in der Dortmunder Thier-Galerie sowie im ehemaligen Museum am Ostwall. Die Galerie präsentiert dabei unter dem Titel „Kinshasa Days – Kinshasa Nights“ vom 13. Juli bis 12. August 14 Maler populärer Kunst aus Kinshasa, die Bilder im Stil der Schilder- und Werbemalerei fabriziert haben. Im ehemaligen Museum am Ostwall sind gleichzeitig unter dem Titel „Kinshasa heute“ aktuelle Fotografien aus dem Kongo zu sehen.

Autor: Tonia Haag | dapd