Köln | Mit Anna Netrebko in der Hauptrolle ist soeben die Saison 2017/2018 an der Mailänder Scala eröffnet worden. Im nächsten Jahr ist die Star-Sopranistin auch wieder in Köln zu hören.

Immer am 7. Dezember, dem Tag des heiligen Ambrosius, des Schutzpatrons Mailands, eröffnet das Teatro alla Scala, eines der führenden Opernhäuser in der Welt, die Saison. Es ist der mondäne Event der Mailänder Stadtgesellschaft mit viel italienischer Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Mode-Industrie – und großem Polizei- und Kameraaufgebot. Zwei Millionen Zuschauer sahen allein in Italien die Übertragung beim italienischen TV-Sender RAI. Der Eröffnungsabend brachte der Mailänder Oper nach Angaben von Scala-Intendant Alexander Pereira Einnahmen von mehr als 2,4 Millionen Euro.

In diesem Jahr eröffnete die Scala die Saison nicht mit einer der bekannten Verdi-Opern, sondern mit der zur Zeit der Französischen Revolution spielenden Oper „Andrea Chénier“ des Verismo-Komponisten Umberto Giordano (1867-1948), die einzige seiner Kompositionen, die sich bis heute im Opernrepertoire gehalten hat. Mit dieser Neuinszenierung feiert sich die Scala auch ein bisschen selbst, wurde doch „Andra Chénier“ 1896 hier uraufgeführt, wie auch eine Reihe weiterer, heute in Vergessenheit geratener Umberto Giordano-Opern. 1955 sang an gleicher Stelle Maria Callas die Titelrolle.

Anna Netrebko singt die Hauptrolle einer jungen Adeligen, ihr Ehemann Yusif Eyvazov (Tenor) die Rolle des Dichters Andrea Chénier. Auf der Bühne enden die Verliebten mit dem grandiosen Liebes- und Todesduell „Vicino a te“ gemeinsam auf dem Schafott; im echten Leben wurde das singende Ehepaar wohlauf beim mondänen Abendessen im Anschluss an die Aufführung gesichtet.

Für den Weltstar Anna Netrebko beginnen mit diesem Mailänder Saisonauftakt dicht gefüllte Monate, die sie gleich an eine ganze Reihe der führenden Opernhäuser der Welt bringen werden. An der Pariser Oper singt sie im Februar die Titelrolle in Verdis „La Traviata“, in London im März und April am Royal Opera House die Titelrolle in der Verdi-Oper „Macbeth“, im April und Mai an der Metropolitan Opera in New York in „Tosca“ von Puccini, im Juni an der Berliner Staatsoper erneut in „Macbeth“.

In der zweiten Jahreshälfte starten Anna Netrebko und ihr Tenor-Ehemann Yusif Eyvazov dann zu einer internationalen Konzerttournee, die sie auch nach Köln bringen wird. Für den 09.09.2018 kündigt die Deutsche Entertainment AG (Berlin) ein Konzert in der Kölner Philharmonie an. Auf dem Programm stehen, teilt der Veranstalter mit, „die schönsten Arien und Duette aus den großen Verdi-Opern „Aida“, „Macbeth“ und „Il Trovatore“, dazu einiges aus Netrebkos kürzlich erschienener Cross-over Pop-Klassik-CD „Romanza“ (Deutsche Grammophon).

Für Opern-Fans ist das durchaus ambivalent: Zum einen bedeutet das Köln-Konzert die Chance, Anna Netrebko, die ziemlich uneingeschränkt als die größte Sopranistin unserer Zeit und die größte Sopranistin seit Maria Callas gilt, live zu erleben. Zum anderen aber ist ein solches pseudo-romantisches Potpourri dann doch mehr kulinarisch als künstlerisch anspruchsvoll.

Mailand und Köln zeigen im Übrigen auch einen nicht unproblematischen Sachverhalt des internationalen Opernbetriebs: Anna Netrebko scheint derzeit nur im Doppelpack mit ihrem singenden Ehemann zu haben – was durchaus zu dem ein oder anderen bösen Kommentar Anlass gibt.

Ein zahlungsbereites Publikum gibt es für solche Events allemal: Ein ähnliches Konzert, das erst in eineinhalb Jahren (11. Juni 2019) in der Hamburger Elbphilharmonie stattfinden wird, war innerhalb nur eines Tages fast vollständig ausverkauft.

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[infobox]Hinweis

Noch bis zum 7. März 2018 ist auf der ARTE-Website ein zweistündiger Mitschnitt der Mailänder Andrea Chénier-Aufführung verfügbar:

https://www.arte.tv/de/videos/078600-001-A/live-aus-der-mailaender-scala/
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Autor: Von Christoph Mohr | Foto: Photogolfer / Shutterstock.com
Foto: Anna Netrebko bei einem Konzert im Jahr 2015. | Foto: Photogolfer / Shutterstock.com