Béla Bartóks Solosonate für Violine auf CD

Köln | Als der Stargeiger Yehudi Menuhin die für ihn von Béla Bartók geschriebene Partitur eines Solo-Violinkonzertes zum ersten Mal gesehen hat, soll er es für unspielbar gehalten haben. Trotzdem hat er es dann im November 1944 in der Carnegie Hall in New York in Anwesenheit des ungarischen Komponisten uraufgeführt. Da war Menuhin (1916 – 1999) noch keine dreißig Jahre alt und bereits ein Weltstar. Bartók sollte nur noch wenige Monate zu leben haben; die Solosonate für Violine (Sz 117) ist das letzte Kammermusikwerk des großen ungarischen Komponisten. Später hielt Menuhin das Werk dann für das größte Solo-Stück für Geige seit Bachs 1720 entstandener „Chaconne“ (BWV 1004), also seit über zweihundert Jahren.

Diese Einschätzung hat sich bis heute gehalten. Während jeder Geiger, der es zu irgendetwas gebracht hat, mit einer Einspielung von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ oder dem e-moll Violinkonzert von Mendelssohn Bartholdy auf dem CD-Markt vertreten ist, traut sich so gut wie niemand an das spieltechnisch so anspruchsvolle Werk Bartóks. Es ist ein Gipfel der Geigenkunst, den doch lieber andere besteigen sollen. Zumal das als spröde geltende Meisterwerk auch nicht gerade zum Publikumsliebling taugt.

Nachdem er wohl so alles gespielt hat, was die Musikgeschichte an großen Werken für die Geige hergibt, hat sich nun auch der Kölner Geiger Frank Peter Zimmermann an die Unspielbare gewagt. Weniger prominent und medial präsent als Stargeigerinnen wie Anne-Sophie Mutter, Julia Fischer oder Hilary Hahn ist der heute 56-Jährige gleichwohl einer der ganz Großen seines Fachs. Und einmal mehr beweist der in Duisburg geborene und aufgewachsene und seit vielen Jahren in Köln lebende Geiger mit der Einspielung auch, dass er ein eigener Kopf ist.

Kombiniert hat Frank Peter Zimmermann die Einspielung mit zwei Violinkonzerten des tschechischen Komponisten Bohuslav Martinu (1890 – 1959). Wohl kein Zufall. Der Ungar Bartók wie der der Tscheche Martinu fanden fast zeitgleich in New York Zuflucht vor den Nazis. In Tschechien gilt Bohuslav Martinu heute mit Smetana, Dvořak und Janáček als einer der vier Großen der tschechischen Musik; in Deutschland führt er nach wie vor ein Schattendasein.

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Frank Peter Zimmermann
Bartok: Solosonate
Martinu: Violinkonzerte Nr 1 und 2
Bamberger Symphoniker (Leitung Jakub Hrúsa)
Label: BIS

Autor: Von Christoph Mohr