Köln | In der Oper spricht man gerne von Premieren oder sogar Uraufführungen. Medienvertreter erlebten heute die erste öffentliche Probe der Bühnentechnik der Hauptbühne der Oper Köln am Offenbachplatz. Der Eiserne Vorhang hob sich, Treppenstufen entstanden wie von Geisterhand, Ebenen bewegten sich nach oben und nach unten, Pools entstanden, Klappen öffneten sich für den unerhofften Auftritt oder Abgang und die Techniker ließen das Gestänge aus der Obermaschinerie sogar Ballett tanzen. Die Bühnentechnik der großen Hauptbühne ist weit gediehen, aber sie kann, solange die Haustechnik nicht fertig ist, nicht unter Vollast arbeiten, so die klare Aussage der Techniker. Im Videobeitrag, mit Interviews mit dem technischen Leiter Bernd Streitberger, Opernintendantin Birgit Meyer und dem technischen Direktor der Bühnen der Stadt Köln, sehen sie die neue Technik im Einsatz.

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Kein Umbau der Bühnentechnik in einen Neubau möglich

Die Kölner SPD hatte den Vorstoß unternommen und die Sanierung der Oper am Offenbachplatz in Frage gestellt. Auch ein Umzug der Bühnentechnik in einen Neubau wurde als Denkanstoß formuliert. Diesem erteilte der technische Leiter der Bühnensanierung Bernd Streitberger erneut eine klare und deutliche Absage und zeigte den Stand der Fertigstellung der Bühnentechnik am heutigen Tag auf beeindruckende Art und Weise auf. Mit von der Partie auch Opernintendantin Birgit Meyer, die derzeit mit ihrem Ensemble im Staatenhaus erfolgreich arbeitet. Der sah man an, dass sie sich auf die neue Technik und vor allem die Möglichkeiten des großen Hauses und der Hauptbühne freut. Sie sagte im Interview mit report-K deutlich, dass das Opernhaus am Wallraffplatz nicht mit der Halle des Staatenhauses vergleichbar oder nur im Ansatz ähnlich zu bespielen sei.

29 Meter hoch ist der Bühnenturm der Hauptbühne, der links und rechts von den Seitenbühnen begleitet wird. Mit den neuen Möglichkeiten können in Zukunft morgens Proben an einem und Aufführungen eines anderen Stückes am Abend stattfinden. Das gab es bislang so nicht und war de Fakto unmöglich. Der Spiel- und Probebetrieb wird also, sofern er am Offenbachplatz einzieht, in neue Dimensionen vordringen.

Die Obermaschinierie der Hauptbühne ist gigantisch und die eingebauten Zugmaschinen können jetzt digital gesteuert werden. Früher war für jede Zugstange ein Techniker nötig. Jetzt wird die Bewegung von einem Mischpult aus gesteuert und synchronisiert, wie es zuvor nicht möglich gewesen wäre. Auch die Scheinwerferelemente können in drei Teilen unterschiedlich bewegt werden. An den Seiten, besonders wichtig für den Tanz, kann Seitenlicht inszeniert werden.

Die Untermaschinerie lässt sicherlich das Herz jedes Regisseurs, aber auch Technikers höher schlagen. Da können Podeste bis sechs Meter in den Bühnenhimmel gehoben werden. Pools von der Größe eines Kinderschwimmbeckens der Kölnbäder abgesenkt werden. Allerdings gibt der technische Direktor Andreas Fischer zu bedenken, dass er dies nicht so gerne sehe, da die Wassermassen auch immer die Untermaschinerie der Bühne bedrohten. Treppenstufen lassen sich zu einer schrägen Ebene umformen und der Drehscheibenwagen in zwei Richtungen bewegt werden, der sich in der Hinterbühne befindet. Also viel Technik für jede Menge kreativer Ideen.

So geht es weiter

Vier Jahre lang dauert die Gewährleistung der eingebauten Bühnentechnik. In diesen vier Jahren wird aber kein Schauspieler auf den Brettern stehen. Denn vor 2022, so die aktuelle Prognose, werden die Bauarbeiten, die sich vor allem auf die Haustechnik beziehen, nicht abgeschlossen sein. Danach folgt die Zeit der Einrichtung, die aktuell mit anderthalb Jahren kalkuliert ist. Libretti werden also frühestens beginnend oder nach 2023* am Offenbachplatz zu hören sein. Bis dahin muss die neue Bühnentechnik bewegt werden, denn sonst erlischt womöglich die Gewährleistung. Allerdings kann diese noch nicht unter Vollast betrieben werden, da eben entscheidende Elemente der Haustechnik fehlen. Bernd Streitberger will nun so planen und konzeptionieren, dass der Betrieb der Bühnentechnik und das stückweise hochfahren dieser Technik bis hin zur Vollast mit dem weiteren Ausbau der Bühnentechnik so harmonisiert wird, dass in der Phase der Einrichtung der Oper, die Bühnentechnik der Hauptbühne funktioniert und reibungslos eingespielt ist. Das Gesamtbudget für alle Bühnen, also Oper, Schauspiel, Kinderoper und Kleines Haus liegt bei 79 Millionen. Aktuell ist die Hauptbühne der Oper, also mit Obermaschinerie, Untermaschinerie, Medientechnik und Beleuchtung mit 40 Millionen Euro veranschlagt.

Die Probe der Bühnentechnik war durchaus beeindruckend, nur applaudiert hat niemand. Auf frenetischen Applaus muss die Hauptbühne der Oper Köln am Offenbachplatz noch mindestens bis 2024 warten.

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*Hinweis: Die Redaktion hatte zunächst 2024 als möglichen frühesten Starttermin für die Oper ermittelt, der sich aus dem prognostizierten Termin Schlüsselübergabe 2022 und einer Einrichtungsphase von anderthalb Jahren rein rechnerisch ergibt. Allerdings obliegt es der künstlerischen Leitung des Kölner Opernhauses, wann auf den Bühnen am Offenbachplatz wieder große Oper gespielt wird und daher ist im aktuellen Status die Nennung eines Starttermins nicht seriös möglich, denn dieser könnte auch schon in 2023 erfolgen oder zu einem späteren Zeitpunkt. Aus diesem Grund erfolgte die Korrektur des Termins.

Autor: Andi Goral
Foto: Eines der Podeste, dass sich bis zu sechs Meter hoch ausfahren lässt.