Berlin | aktualisiert | Das jetzt veröffentlichte Werbevideo für das neue Album der Hardrock-Gruppe „Rammstein“ sorgt unter Politikern, Historikern und jüdischen Verbänden für Empörung. „Mit diesem Video hat die Band eine Grenze überschritten“, sagte Charlotte Knobloch, Ex-Präsidentin des Zentralrats der Juden, der „Bild-Zeitung“ (Donnerstagsausgabe). Die „Instrumentalisierung und Verharmlosung des Holocaust“, die sich in den Bildern zeigten, seien unverantwortlich.

„Mit diesem Video hat die Band eine Grenze überschritten. Wie Rammstein hier das Leid und die Ermordung von Millionen zu Entertainmentzwecken missbraucht, ist frivol und abstoßend“, so Knobloch weiter. „Die Inszenierung der Musiker von Rammstein als todgeweihte KZ-Häftlinge stellt die Überschreitung einer roten Linie dar. Sollte dies nur der Verkaufsförderung des neuen Albums dienen, halte ich dies für eine geschmacklose Ausnutzung der Kunstfreiheit“, sagte Felix Klein, Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung. Der jüdische Historiker Michael Wolffsohn nannte den Spot „eine andere Form von Leichenschändung. Völlig inakzeptabel“.

Die FDP-Menschenrechtsbeauftragte Gyde Jensen erklärte: „Kunstfreiheit ist ein hohes Gut in unserer Gesellschaft. Aber diese Werbung finde ich persönlich geschmacklos.“ Auch Karin Prien, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und Sprecherin des Jüdischen Forums in der CDU, zeigte sich entsetzt: „Es ist eine widerliche Geschmacklosigkeit, die offensichtlich nur dazu dienen soll, Klicks zu erzeugen.“

FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff stellte klar: „Die Shoa ist als Werbung nicht geeignet. Egal für was.“ Iris Rosenberg, Sprecherin der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, nahm den Rammstein-Werbespot zum Anlass, zu einem verantwortlichen Umgang mit der Erinnerung an die ermordeten Juden aufzurufen. „Yad Vashem kritisiert nicht generell künstlerische Arbeiten, die an Holocaust-Bilder erinnern. Wir glauben, dass eine respektvolle künstlerische Darstellung des Subjekts legitim sein kann, solange es die Erinnerung an den Holocaust keinesfalls beleidigt, herabsetzt oder schändet. Und nicht nur als bloßes Werkzeug dient, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen. Deshalb fordert Yad Vashem Künstler auf, verantwortungsvoll zu handeln und die Erinnerung an die Opfer des Holocaust sowie die Überlebenden zu respektieren, die die Schrecken der Epoche überstanden haben“, sagte Rosenberg der „Bild-Zeitung“.

Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter kritisiert Rammstein

Nach der Kritik des Zentralrats der Juden in Deutschland und vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung hat am Freitag auch Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter von Baden-Württemberg, die Band Rammstein deutlich kritisiert. Er finde das Video „entsetzlich“, sagte Blume der „Heilbronner Stimme“ (Samstagsausgabe). Es bestätige seine Befürchtungen zur zunehmenden Radikalisierung im digitalen Raum.

„Da werden Dinge verbreitet, die konnte man vor zehn, 15 Jahren nicht sagen“, so Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragter weiter. Die Gefahr bestehe, dass man sich daran gewöhne, und diese Inhalte einfach hinnehme. Das müsse aufhören.

„Ich gehe davon aus, dass eine Band wie Rammstein die Empörung mit einkalkuliert hat und bewusst antisemitische Symbole bedient“, sagte Blume. Der Trailer zu einem neuen Video der deutschen Band Rammstein mit Anspielungen auf deutsche Konzentrationslager hatte in dieser Woche scharfe Kritik und Fragen zum Umgang mit Holocaust-Bildern ausgelöst.

Autor: dts
Foto: Screenshot aus der aktuellen Website der Band Rammstein auf der ein Trailer des kritisierten Videos zu sehen ist. Die Musiker zeigen sich in Kleidung, die an die Häftlingskleidung der Konzentrationslager erinnert und mit einer Schlinge um den Hals, wie Menschen kurz vor einer Hinrichtung.