Köln | Im Rahmen der Passagen 2015 präsentiert report-K „Moderne Kunst aus Ruanda – Interieur in Afrika und die Reflexion von Kunst im Alltagsleben“, die ruandischen Künstler Emmanuel Nkuranga und Innocent Nkurunziza. Unsere Gastautorin Barbara Huebscher bereiste mehrfach den Kontinent und im Speziellen Ruanda. Dort entdeckte sie in Kigali das „Inema Arts Center“ in dem die beiden Künstler leben und arbeiten. In einer Artikelserie beleuchtet Huebscher das Leben, die Wohnverhältnisse und Kunst in Ruanda, als Reflexion auf die Internationale Möbelmesse in Köln 2015.  04 – Entdeckertour: Rundreise in Ruanda

Unterwegs mit dem Bus

Kehren wir nach diesem historischen Ausflug in die Gegenwart zurück und unternehmen einen Streifzug durch das Land, sehen uns an, wie und wovon die Menschen leben. Ruanda ist das am dichtesten besiedelte Land auf dem afrikanischen Festland. Von den etwa 11 Millionen Einwohnern leben nur ca. 16 % in Städten.

Am schönsten ist es, mit dem Bus durch Ruanda zu fahren. Man kann unter vielen Buslinien wählen, doch ich möchte eine besonders hervorheben: die „Volcanoes Transport Company“. Ich habe im deutschen Rundfunk von der Erfolgsgeschichte des Jungunternehmers Olivier Nizeyimana gehört, nachdem ich diese Linie selbst ausprobiert hatte. Normalerweise fahren Busse in Afrika los, wenn sie voll sind, getreu der Definition der „African Time“: „Die anderen haben die Uhren, wir haben die Zeit“. Olivier Nizeyimana nahm dies als Herausforderung an: seine Busse fahren pünktlich – und sind fast immer voll. Sie sind nicht ganz so groß wie die Busse, die bei uns größtenteils eingesetzt werden. Für die Fahrgäste gibt es acht Reihen mit je zwei Plätzen links, je einem Platz rechts und im Gang können zwischen den Plätzen noch Sitze heruntergeklappt werden. So sind die meisten Busse ausgestattet.

Daneben gibt es natürlich auch noch die in ganz Afrika üblichen Matatus, Kleinbusse, mit denen man auch die entlegensten Winkel des Landes erreichen kann. Für kürzere Strecken bedient man sich eines der ungezählten Motorrad- oder Fahrradtaxis. Jeder Fahrer der Motorradtaxis hat einen Helm für den Fahrgast dabei: in Ruanda besteht Helmpflicht, die akribisch befolgt – und überprüft – wird. Überhaupt werden in Ruanda die Verkehrsregeln von den motorisierten Verkehrsteilnehmern wie in kaum einem anderen afrikanischen Land beachtet.

Das hindert jedoch viele vollbepackte Radfahrer nicht daran, sich langsam fahrender LKW als willkommener Hilfe bergauf zu bedienen: sie halten sich mit einer Hand am LKW fest, während sie mit der anderen ihr überladenes Gefährt steuern. So meistern sie die vielen Steigungen, bei denen sie sonst mit großer Anstrengung ihr Fahrrad schieben müssten. Andere – meist Kinder und Jugendliche – springen halsbrecherisch hinten auf LKW auf und lassen sich so ein Stück als „blinde Passagiere“ mitnehmen.

Ist man mit dem Bus unterwegs, fühlt man selbst, warum das Land den Beinamen „Land der tausend Hügel“ trägt: beispielsweise auf dem Weg von Kigali nach Butare folgt der Bus einer kurvenreichen Strecke bergauf und bergab und führt durch eine fast völlig entwaldete Landschaft. Unterwegs sehen wir meist nur die für die Deckung des Holzbedarfs angepflanzten schnell wachsenden Eukalyptusbäume. Jeder Quadratmeter wird ausgenutzt, um die Menschen zu ernähren: mehr als 90 % leben von der Landwirtschaft.

Auf den sehr gut ausgebauten Straßen fahren wir wie auf einem grauen Asphaltband durch ein Meer von Grün, das nur zuweilen durch das Rotbraun der Erde und den bunten Kleidern der Frauen unterbrochen wird: Reisfelder und Gemüsebeete für Maniok, Süßkartoffeln, Erbsen und Bohnen, Bananenstauden, ausgedehnte Mais-, Getreide- und vor allem immer wieder Reisfelder, Tee- und Kaffeeplantagen.

Vom Süden in den Westen

Unternehmen wir eine kleine Rundfahrt durch Ruanda und wenden uns von Butare aus, das im Süden des Landes liegt, gen Westen: Das zentrale Hochplateau steigt hier zur Kongo-Nil-Wasserscheide an, wo noch einige ursprüngliche Waldbestände vorhanden sind. Diese befinden sich im Nyungwe Nationalpark, einem 970 km² großen Waldgebiet in Westruanda, dem 2005 der Status „Nationalpark“ zuerkannt wurde. Er schützt das Ökosystem eines der besterhaltenen tropischen Bergwälder in ganz Ostafrika. Es handelt sich um ein Berg- und Regenwaldsystem auf dem westlichen Ausläufer des Ostafrikanischen Riftsystems (Great Rift Valley), das auf einer Höhe zwischen 1.600 m und 2.950 m liegt.

Nahe der Wasserscheide zwischen den Flusssystemen des Nil und des Kongo liegt die von Richard Kandt, den wir ja bereits schon kennengelernt haben, im Jahr 1898 entdeckte Quelle des Rukarara-Nyabarongo, des ruandischen Nil-Quellflusses. (Der andere, südlichere Quellfluss des Nil liegt in Burundi.) Das Klima hier ist relativ kühl.

Der Norden und der Osten

Fahren wir nun Richtung Norden, erreichen wir bald das östliche Ufer des Kivusees, einem Grabenbruchsee des Ostafrikanischen Riftsystems. Afrikakenner bezeichnen den 1.450 m hoch gelegenen See als den schönsten der „Großen Seen Afrikas“. Tief eingeschnittene Buchten, steil aufragende Bergketten und vorgelagerte Inseln: dieses Panorama bietet sich, macht man etwa auf halber Strecke entlang des Sees im Städtchen Kibuye Halt.

Noch etwas weiter im Norden erreichen wir den „Parc National des Volcans“ bei den Virunga-Vulkanen. Dort können wir die letzten Berggorillas besuchen. Hier lebte und arbeitete die bekannte Gorillaforscherin Dian Fossey von 1967 bis 1985.

Kommen wir in den Osten des kleinen Landes, ändert sich die Landschaft: das hügelige Kernland am Rande des Zentralafrikanischen Grabenbruchs fällt zur Ebene des Viktoriasees hin ab. Nun treffen wir auf ausgedehnte Savannenlandschaften mit vielen kleinen Sumpfgebieten. Die landschaftliche Vielfalt können wir im Parc National de l´Akagera, dem einzigen geschützten Savannengebiet Ruandas bestaunen. Damit wäre unsere kleine Rundfahrt hier auch schon beendet, denn eigentlich sollte man sich dieses Land selbst ansehen, sollte alle Landschaftsteile selbst auf sich wirken lassen, um den Zauber zu erfahren, der viele nicht mehr loslassen wird.

Autor: Gastautorin Barbara Huebscher