Berlin | Berlin gilt nach Einschätzung des Bundeskriminalamts (BKA) als „Dreh und Angelpunkt“ vietnamesischer Menschenhändler in Westeuropa. Das sagte Carsten Moritz, Referatsleiter Menschenhandel beim BKA, dem RBB. Von zentraler Bedeutung sei dabei ein Industrie- und Gewerbegebiet im Stadtbezirk Lichtenberg, auf dem sich auch viele vietnamesischstämmige Geschäftsleute angesiedelt haben. Von Berlin aus würden illegal eingeschleuste Vietnamesen an Geschäftsleute in Deutschland und Westeuropa vermittelt.

Dort müssten sie dann die Kosten für die Schleusung, 10.000 bis 20.000 Euro pro Person, abarbeiten. Bei Einsätzen der Polizei sowie der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) sei man deutschlandweit in Massagestudios, Nagelstudios, aber auch in Restaurants, der Fleisch- oder Schlachtindustrie sowie der Textil- und Reinigungsbranche auf illegal beschäftigte Vietnamesen gestoßen. Die Menschen seien dort unter „ausbeuterischen Bedingungen“ beschäftigt worden.

Ihr Einsatz erfolge vor allem in Bereichen, „wo man mit relativ geringen, unauffälligen Mitteln hohe Gewinne erzielen kann“, so Moritz. Deutschland gilt sowohl als Transit- als auch als Zielland. Im vergangenen Jahr wurde bei Überprüfungen von Geschäften und Unternehmen festgestellt, dass sich unter den illegal Beschäftigten auch Minderjährige befinden.

Sie wurden, wie auch die Erwachsenen, in ihrer Heimat mit dem Versprechen, in Deutschland und Westeuropa arbeiten und Geld verdienen zu können, angelockt. Hinter den Schleusungen stecke „ein riesiges Netzwerk“, welches „in ganz Europa aktiv“ sei und „gewaltige Summen“ umsetze, so das BKA. In Deutschland seien die vietnamesischstämmigen Gruppierungen, „die im Bereich des Menschenhandels und der Arbeitsausbeutung aktiv sind“ inzwischen im gesamten Bundesgebiet vertreten. Auf Initiative des BKA soll aufgrund der steigenden nationalen und internationalen Fallzahlen im Jahr 2021 europaweit gegen die vietnamesische Kriminalität, den Menschenhandel und die Arbeitsausbeutung vorgegangen werden.

Bei der Bekämpfung werde man unter anderem mit den Polizeibehörden Polens, Großbritanniens, der Niederlande, Österreichs, der Schweiz, Belgiens und Tschechiens sowie Europol zusammenarbeiten.

Autor: dts