Dresden | Der Mangel an Intensivbetten für Covid-19-Patienten ist in den sächsischen Corona-Brennpunkten offenbar deutlich größer als offiziell gemeldet. Das berichtet das ARD-Magazin „Fakt“ unter Berufung auf einen Abgleich der freien Behandlungskapazitäten im DIVI-Intensivregister mit internen Bettenlisten der Krankenhäuser von fünf sächsischen Landkreisen. In diesen Bettenlisten melden Kliniken der Krankenhausleitstelle täglich freie Betten zur Behandlung der Covid-19-Patienten.

Bereits vergangene Woche lag demnach die Gesamtzahl der freien Intensivbetten in den Landkreisen Bautzen, Dresden, Sächsische Schweiz Osterzgebirge, Görlitz und Meißen bei lediglich rund 20. Mit 50 freien Intensivbetten wies das offizielle DIVI-Intensivregister mehr als doppelt so viele Intensivbetten für diese Landkreise aus. Zwei der Kliniken mit auffällig abweichenden Angaben in der DIVI-Datenbank und der internen Bettenliste antworteten dem ARD-Magazin auf schriftliche Anfragen. Das Klinikum Görlitz erklärt abweichende Angaben demnach mit krankem oder in Quarantäne befindlichem Personal, wodurch freie Betten nicht belegt werden könnten.

Die Bettenliste für die Krankhausleitstelle sei tatsächlich „praxisrelevanter und pragmatischer“ als das DIVI-Intensivregister. Die Oberlausitz-Klinik Bautzen widersprach dagegen den Vorwürfen: „Die Realität, die wir gerade in den deutschen Krankenhäusern erleben, ist wohl etwas komplexer als die DIVI-Datenbank sie darstellt.“ Ausgleichsbeträge oder „Freihaltepauschalen“ beziehe man nicht.

Unregelmäßigkeiten sind bereits auch der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) aufgefallen, die das offizielle Intensivbettenregister betreibt. Das belegt ein Appell der DIVI und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) von Anfang November: „Durch Rückmeldungen von Rettungsdiensten und regionalen Stichproben war in der vergangenen Woche aufgefallen, dass die Zahlen der noch verfügbaren, unmittelbar für die Versorgung von Intensivpatienten freistehenden Betten, nicht zu 100 Prozent stimmen kann. Genau das ist für eine unmissverständliche Interpretation der Daten und der sich daraus ergebenden Planung in der gesamten Republik unerlässlich.“

Sachsens Gesundheitsministerin wegen Corona-Skeptikern frustriert

Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) beklagt, dass es in ihrem Bundesland in der Coronakrise zu viele Menschen gebe, „die immer noch nichts begriffen“ hätten. „Manchmal bin ich verzweifelt“, sagte Köpping der Wochenzeitung „Die Zeit“. Sie sage den Leuten: „Mensch, wir haben hier im Osten doch einen Gemeinschaftssinn gelernt. Der muss wieder her. Nur nicht in der Form, dass man sich mit seinem Nachbarn trifft und heimlich in der Garage zusammen Bier trinkt.“ Köpping macht auch die AfD für die Verweigerungshaltung einiger Bürger verantwortlich.

„Ich sehe, dass die AfD eine politische Stimmung schürt. Bis heute erklären deren Abgeordnete im Landtag, dass das Masketragen Quatsch und Corona eine Grippe sei.“ Wenn zudem Postwurfsendungen verteilt würden, in denen stehe, dass die Regierung alle betrüge, „dann kann das nicht ohne Folgen bleiben“, so Köpping.

Die SPD-Politikerin macht auch die DDR-Vergangenheit für einige Verhaltensweisen in der Pandemie verantwortlich. „Viele Ostdeutsche sind extrem sensibel, wenn es um staatliche Eingriffe geht.“ Wenn man über Ausgangssperren spreche, fühlten diese sofort wieder eine Art DDR-Bedrohung hochziehen.

Überdies gebe es im Osten auch eine gewisse Schlupfloch-Mentalität. „Wir sind es von früher gewohnt, staatliche Gebote zu unterlaufen, wo es nur geht.“ Auf ganz Deutschland bezogen beklagt Köpping zu wenig Konsequenz bei der Durchsetzung der Corona-Regeln. „Das Vollzugsdefizit ist ein Problem. Wir können beschließen, was wir wollen – wir müssen das auch kontrollieren. Vielleicht waren wir da in Deutschland an der falschen Stelle zu liberal“, so die Ministerin.

Autor: dts