Köln | Es können mehr Impfdosen aus den Biontech-Ampullen gezogen werden. Hierfür machte der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA den Weg frei. Die EU bestellte mehr Impfstoff bei Biontech/Pfizer. Deutschland erhält mehr Impfstoff, da andere EU-Staaten verzichten.

Sechste Dosis aus Biontech-Ampullen vor der Zulassung

Köln | Aus den von Biontech und Pfizer bereitgestellten Ampullen mit Corona-Impfstoff dürfen bald wohl sechs anstatt bisher fünf Dosen entnommen werden. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA gab eine entsprechende Empfehlung ab, wie am Freitag mitgeteilt wurde. Dafür sollten aber bestimmte Spritzen verwendet werden, hieß es.

Gleichzeitig veröffentlichte die Behörde am Freitag eine genaue Gebrauchsanweisung für das medizinische Personal. Damit dürfte die Zahl der Impfstoffdosen um rund 20 Prozent steigen. Die EU hat sich bei Biontech und Pfizer nach letzten Angaben 600 Millionen Dosen gesichert, Deutschland auf eigene Faust weitere 30 Millionen über eine nationale Vereinbarung.

Deutschland erhält mehr Impfstoff durch Verzicht anderer EU-Staaten

Weil mehrere Mitgliedstaaten auf ihre Anteile verzichten erhält Deutschland von den beiden Herstellern Moderna und Biontech mehr Impfdosen, als von der EU ursprünglich vorgesehen. Das geht aus vertraulichen Dokumenten hervor, über die der „Spiegel“ in seiner am Samstag erscheinenden Ausgabe berichten wird. Eigentlich werden die von der EU bestellten Impfdosen nach Bevölkerungsgröße auf die Mitgliedstaaten verteilt.

Deutschland stehen demnach 18,6 Prozent aller Dosen zu. Im Falle der bei Moderna bestellten 160 Millionen Dosen sind das 30 Millionen Stück. Tatsächlich bekommt Deutschland aber 50,5 Millionen Dosen, weil andere EU-Staaten ganz oder teilweise auf ihre Kontingente verzichten und diese nun umverteilt wurden.

Dass auch die 300 Millionen zusätzlichen Biontech-Dosen, deren Bestellung am Freitag bekannt wurde, anders als normal verteilt werden könnten, deutete Hanno Kautz, der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums am Freitagmittag an, dies werde noch „verhandelt“. Klar ist aber, dass dies bei den zuvor von der EU nachgeorderten 100 Millionen Dosen passieren wird, die zur Hälfte noch im ersten Halbjahr kommen sollen. Hier stünden Deutschland 18,6 Millionen Dosen zu – es werden aber wohl über 25 Millionen Dosen sein.

Auch die Franzosen bekommen mehr. Polen, Belgien, Tschechien, Estland, Bulgarien, Slowenien und Slowakei sollten hingegen nichts bekommen, wie dem „Spiegel“ aus Regierungskreisen bestätigt wurde. Allein aus dem ursprünglich belgischen Kontingent sollte Deutschland über eine halbe Million Impfdosen bekommen.

In einigen Staaten regte sich in den vergangenen Tagen erheblicher Widerstand. Vor allem Polen und Belgien forderten offenbar, die Umverteilung zurückzunehmen. Insbesondere Deutschland und die Niederlande sind laut Regierungskreisen aber nicht bereit, ganz neu zu verteilen: Wer einmal verzichtet habe, könne jetzt nicht mehr nachfordern, heißt es. Im mit der Impfstoffbeschaffung beauftragten Lenkungsgremium der EU kam es deswegen zu „hitzigen Auseinandersetzungen“, berichten Teilnehmer. Am Ende wurden teilweise Lösungen gefunden. Polen erhält offenbar 650.000 Dosen zurück, die bereits auf andere Staaten verteilt waren. Deutschland will Belgien 150.000 Dosen wieder überlassen. Offenbar gab es verschiedene Gründe für die Nullrunden: Manche Länder hofften, sich bald schon mit anderen Impfstoffen eindecken zu können, andere vergaßen angeblich, rechtzeitig den Finger zu heben für einen Nachschlag. Auch von Druck aus großen Mitgliedstaaten ist die Rede. Das wird allerdings von deutscher Seite energisch zurückgewiesen.

EU bestellt bei Biontech weitere 300 Millionen Impfdosen

Die EU bestellt bei Biontech weitere 300 Millionen Corona-Impfdosen. Das teilte Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen am Freitag mit. Dies sei eine Verdoppelung der bisherigen Kapazität bezüglich dieses Herstellers.

75 Millionen Dosen aus der zusätzlichen Vereinbarung sollten im zweiten Quartal geliefert werden, der Rest im dritten und vierten Quartal, sagte von der Leyen. Kritik an der Beschaffungsstrategie und den im Vergleich mit manchen Ländern langsam anlaufenden Impfungen wischte von der Leyen beiseite. Es werde „mehr als genügend Impfstoff“ in „einem verlässlichen Zeitrahmen“ zur Verfügung stehen.

Auch dass die EU die Verhandlungen für die Mitgliedsländer übernommen habe, habe sich bewährt. „Wir haben die gemeinsame Marktmacht, das zeigt sich auch heute wieder“, sagte von der Leyen. Unter anderem aus Deutschland war zuletzt Kritik an der EU laut und ein nationaler Alleingang gefordert worden.

Autor: dts