Berlin/Frankfurt/Main | Böse Überraschung am Morgen: Im Zusammenhang mit einem Angriff auf einen Polizisten bei der „M31“-Demonstration im März 2012 hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main am Mittwoch bundesweit Wohnungen von acht freiberuflichen Fotografen durchsuchen lassen. Die Razzien fanden in Berlin, Frankfurt, Freiburg und in Nordrhein-Westfalen statt. Journalistenverbände und Politiker kritisierten das Vorgehen als Verstoß gegen die Pressefreiheit. Ines Pohl, Chefredakteurin der „taz“, verurteilte die Tat aufs Schärfste.

Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Doris Möller-Scheu, sagte, sie wisse nicht, ob es sich bei den Männern um Pressefotografen handele. Zuvor hatte sie davon gesprochen, dass es sich bei ihnen um Sympathisanten der linken Szene handele, die bei der Demonstration am 31. März Fotos gemacht hätten. Die Aufnahmen seien nun beschlagnahmt worden und sollten ausgewertet werden. Sollten die Fotografen jedoch tatsächlich im Auftrag der Presse gearbeitet haben, werde das beschlagnahmte Material wieder zurückgegeben.

Bei den Protesten war ein Verbindungsbeamter der Polizei gezielt von Demonstranten angegriffen und so schwer verletzt worden, dass er zeitweise auf der Intensivstation lag. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. Möller-Scheu betonte zugleich, dass die Männer nicht selbst der Straftat verdächtig seien.

Nach Angaben eines Berliner dju-Sprechers sind die Fotografen freiberuflich für verschiedene Tageszeitungen tätig, darunter „taz“, „Tagesspiegel“ und „Berliner Zeitung“. Einer der Männer befinde sich zurzeit zu Recherchen in Syrien. Obwohl er nicht zu Hause gewesen sei, hätten die Polizisten seine Tür aufgebrochen und sich so Zugang zu der Wohnung verschafft, sagte der Sprecher. Es sei möglich, dass die Fotografen rechtliche Schritte gegen die Durchsuchungen einlegen werden.

Fotografen arbeiteten für „taz“ und „Tagesspiegel“

„taz“-Chefredakteurin Pohl reagierte entsetzt. „Es ist ein gefährlicher Eingriff in die Freiheit der Presse, wenn Fotografen damit rechnen müssen, dass ihre grundgesetzlich geschützten Wohnungen durchsucht werden“, betonte sie. Die Pressefreiheit sei „ein sehr hohes Gut, das unbedingten Schutz genießen muss“. Zwei der Fotografen arbeiten nach Angaben der Zeitung regelmäßig für die „taz“.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di angeschlossene Deutsche Journalisten-Union (dju) kritisierten die Durchsuchungen scharf. „Da sollen Pressevertreter mit brachialen Methoden gezwungen werden, Hilfspolizisten zu spielen“, sagte dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß. Der DJV-Vorsitzende Michael Konken sprach von einer „erheblichen Berufseinschränkung“ für freie Journalisten. Die Aktion zeige, dass auch die Arbeitsräume von freien Journalisten demselben Schutz unterstellt werden müssten wie Redaktionsräume von Verlagen und Sendern.

Auch die Veranstalter der Demonstration meldeten sich am Mittwoch zu Wort: „Das ist ein Angriff auf die Pressefreiheit und auf demokratische Grundrechte insgesamt“, sagte Martin Sommer vom Bündnis Blockupy Frankfurt. In Zukunft müsse schon mit einer Hausdurchsuchung rechnen, wer beruflich über soziale Proteste berichtet.

Auch aus der Politik kam Kritik. Die „willfährigen“ Hausdurchsuchungen verstießen gegen das „hohe demokratische Gut“ der Pressefreiheit, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Katina Schubert. Simon Weiß, medienpolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, forderte eine umgehende Aufklärung der genauen Umstände.

Autor: dapd