Köln | Die Zahl der Menschen, die in Deutschland mit dem Corona-Virus infiziert sind ist mittlerweile auf über 100 gestiegen. In einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ äußerte sich Innenminister Seehofer und stellte unter anderem klar, dass er auf eine Absperrung von Regionen oder Städten nicht ausschließe. Zudem rechnet der Bundesminister mit einem Impfstoff zum Ende des Jahres. Viele Menschen wollen nach einer Umfrage zudem auf eine Auslandsreise aktuell verzichten.

Seehofer: Corona-Impfstoff kommt Ende des Jahres

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geht nicht von einem schnellen Ende des Kampfes gegen das Coronavirus aus. „Ich rechne damit, dass wir zum Jahreswechsel einen entsprechenden Impfstoff zur Verfügung haben“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Bis dahin müsse man das Virus „mit den klassischen Mitteln des Seuchenschutzes bekämpfen. Wir müssen die Infektionsketten konsequent unterbrechen.“ Der Innenminister schließt dabei auch die Absperrung von Regionen oder Städten nicht aus: „Dieses Szenario wäre das letzte Mittel.“ Um sich selbst vor dem Virus zu schützen, gibt Seehofer Menschen nicht mehr die Hand: „Ich sage aber jedes Mal, dass das nichts mit Unhöflichkeit zu tun hat.“

Seehofer begrüßte die Absage der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin: „Ich bin froh, dass die ITB abgesagt wurde.“ Dies sei auch der ausdrückliche Wunsch von Bundeskanzlerin Angela Merkel gewesen. Aus China hatten sich nach Einschätzung des Innenministeriums rund 300 bis 500 Personen zur ITB angemeldet.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) rief die Bevölkerung dazu auf, Panik zu vermeiden. „Das Leben normal weiterführen und weiter einen kühlen Kopf bewahren“, riet Laschet in „Bild am Sonntag“. Der Großteil der Bevölkerung reagiere besonnen: „Das ist gut, weil viele neue Probleme entstehen, wenn wir die Nerven verlieren. Deshalb gilt jetzt und für jede Krise: Ruhe bewahren.“ Er selbst habe keine Angst vor einer Ansteckung: „Menschen zu treffen oder auf Veranstaltungen zu gehen gehört zu meinem Beruf. Ich kann und will nicht wochenlang Menschen meiden.“

Zahl der Coronavirus-Infektionen in Deutschland steigt auf über 100

Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Infektionen in Deutschland ist bis Samstagabend auf über 100 angestiegen. Allein im Kreis Heinsberg in NRW hat der dortige Krisenstab 60 bestätigte Fälle verzeichnet, darunter vier der 114 Kinder des Kindergartens in Breberen, wo eine infizierte Erzieherin tätig war. Die erkrankten Kinder weisen bislang allenfalls Erkältungssymptome auf, hieß es.

Bis auf ein stationär aufgenommenes Ehepaar werden alle anderen Erkrankten im Kreis Heinsberg nicht im Krankenhaus behandelt. In NRW gab es weitere Meldungen aus dem Kreis Wesel, der Städteregion Aachen, aus Lüdenscheid, Bonn und Köln. Bayern meldete am Samstagabend drei neue Fälle in Oberbayern, ohne zunächst weitere Details zu nennen.

Aus Hamburg wurde bereits am Samstagnachmittag eine neue Infektion gemeldet. Es handele sich um eine Frau, die am 28. Februar von Teheran aus nach einem einwöchigen Aufenthalt im Iran mit dem Flugzeug nach Hamburg zurückgekehrt sei und die sich mittlerweile in häuslicher Isolation befinde. „Es geht ihr den Umständen entsprechend gut“, hieß es von den Gesundheitsbehörden der Hansestadt.
Insgesamt sind damit bislang aus Nordrhein-Westfalen 65, aus Bayern 18 und aus Baden-Württemberg 15 Fälle gemeldet worden, je drei Fälle aus Hessen und Rheinland-Pfalz, sowie je ein Fall aus Bremen, Hamburg und Schleswig Holstein. Bei Letzterem handelt es sich um einen Arzt, der als Arzt an der Kinderklinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) arbeitet. Außerdem waren unter den aus China zurückgeholten Deutschen zwei Infektionsfälle.

Allein aus Bayern wurde allerdings bereits bei 14 Fällen eine Genesung gemeldet. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) teilte am Samstagabend mit, er habe angeordnet, dass nicht nur wie bislang bei Flügen aus China, sondern auch aus dem Iran, Italien, Japan und Südkorea ein Formblatt mit persönlichen Angaben und Kontaktdaten für die nächsten 30 Tage auszufüllen ist. Bei Zügen und Bussen aus Italien sollten Verhaltenshinweise an die Passagiere ausgegeben werden. Nach Gesprächen mit Vertretern von Kassen und Ärzten in dieser Woche können Tests auf das Coronavirus zudem nun leichter abgerechnet werden, teilte das Gesundheitsministerium mit. Der jeweilige Arzt entscheide über die Notwendigkeit.

Jeder Dritte will wegen Coronavirus auf Auslandsreise verzichten

Die Ausbreitung des Coronavirus hat Auswirkungen auf die Reiseplanung der Deutschen. Nach einer Kantar-Umfrage für „Bild am Sonntag“ planen 35 Prozent der Befragten, zum Schutz vor dem Virus auf Auslandsreisen zu verzichten. 62 Prozent der Befragten verneinten die Frage, drei Prozent waren unentschlossen.

Zu Hause geht das Leben für eine klare Mehrheit der Deutschen normal weiter: Nur 17 Prozent sehen bislang Auswirkungen auf ihren Alltag, ergab die Kantar-Umfrage für „Bild am Sonntag“. Etwas mehr als jeder Fünfte der Befragten (22 Prozent) gab an, Angst vor einer Ansteckung zu haben. Ende Januar hatte dieser Wert bei identischer Fragestellung noch bei zwölf Prozent gelegen.

Für die Umfrage wurden am 27. Februar 2020 insgesamt 505 Personen befragt. Die genauen Fragestellungen lauteten: „Haben Sie Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus?“ / „Hat die Ausbreitung des Corona-Virus Auswirkungen auf Ihren persönlichen Alltag?“ und „Planen Sie zum Schutz vor dem Corona-Virus auf Auslands-Reisen zu verzichten?“

Autor: dts, red