Halle (Saale) | Der Virologe Alexander Kekulé hat die Politik aufgefordert, die Impfkampagne in Deutschland komplett auf Erstimpfungen umzustellen. So könne man den Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf, den bereits die erste Impfdosis biete, voll nutzen, sagte er der Nachrichtenseite ntv.de. Man hätte es so machen müssen wie in Großbritannien, sagte der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Halle: „Zunächst nur einmal impfen.“

Es sei von Anfang an angesichts des begrenzten Impfstoffs klar gewesen, „dass wir nicht gleich aus dem Vollen schöpfen können, um alle gleich zweimal zu impfen“. Deshalb: „Erstmal möglichst viele, von alt nach jung, ein Mal. Und später kann man dann die zweiten Impfungen angehen“, so der Epidemiologe weiter.

Wenn man zunächst nur einmal impfe, würden doppelt so viele Menschen geschützt, rechnete Kekulé vor. Besonders unverständlich sei, warum bestimmte Gruppen in Deutschland bereits die zweite Impfung bekämen, obwohl andere, gefährdetere Personen noch nicht einmal die erste Impfung hätten. So könne es nicht sein, „dass ein großer Teil der mRNA-Impfstoffe für die Zweitimpfungen junger Leute verwendet wird, etwa für medizinisches Personal und Polizisten, statt es denen zu geben, die morgen auf den Intensivstationen liegen – also Menschen in der Altersgruppe zwischen 65 und 80, die ein viel höheres Sterberisiko haben“.

Mit einem Impfregime, das ganz auf Erstimpfungen setze, würde man aber nicht nur die Zahl der Intensivpatienten minimieren, sondern auch die Zahl der Toten signifikant senken, so Kekulé. Denn seit Langem wisse man, „dass die Altersverteilung der Sterblichkeit die Form eines Eishockey-Schlägers hat“. Die ganz Jungen stürben extrem selten an Covid.

„Erst ungefähr ab Mitte 50 geht es plötzlich hoch und so richtig steil steigt die Gefahr ab Mitte 60 an.“ Mit einer Impfung wären alle diese Menschen schon erheblich geschützt und würden auch bei einem anhaltenden Infektionsgeschehen nur noch in Ausnahmefällen an Covid-19 versterben. Man würde damit „die Sterblichkeit von der Inzidenz entkoppeln“. Kekulé: „Ich sage es mal so plakativ: Damit können wir das Sterben beenden. Und damit hat diese Krankheit plötzlich ein ganz anderes Gesicht und verliert ein Teil des Schreckens.“ Das Entkoppeln der Sterblichkeit von der Inzidenz, so Kekulé, „ist der eigentliche Gamechanger“.

Autor: dts