Berlin | Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, hat die Erwartungen für die Durchschlagkraft eines Impfstoffes im kommenden Jahr gedämpft und die Befürchtung geäußert, dass auch der Winter 2021/2022 „herausfordernd“ werde. Auf die Frage, ob im kommenden Jahr ausreichend Menschen geimpft werden könne, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen, sagte Mertens dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgabe): „Das halte ich für extrem unwahrscheinlich. Ich glaube nicht, dass 2021 genug Menschen geimpft werden, um epidemiologische Effekte zu erzielen.“

Um eine Herdenimmunität zu erreichen, müssten „mindestens 50 bis 60 Millionen“ Menschen geimpft sein, also rund 60 Prozent der Bevölkerung, so der Experte. „Es ist unrealistisch, das im kommenden Jahr zu schaffen“, sagte Mertens und ergänzte: „Ich fürchte, dass nicht nur dieser, sondern auch der nächste Winter herausfordernd wird.“ Eine „feinteilige Empfehlung“ welche Bevölkerungsgruppen wann geimpft werden, kann es Mertens zufolge erst geben, wenn „abschließende Ergebnisse zu den Impfstoffen vorliegen“.

Diese seien „für die ganz konkreten Angaben der prioritär zu impfenden Personengruppen ganz entscheidend“. Mertens machte zugleich deutlich, dass die ethischen Rahmenbedingungen der Impfstrategie bereits feststünden – „also zum Beispiel Selbstbestimmung, Freiwilligkeit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität“. Auch eine grobe Priorisierung gibt es demnach bereits: „Also dass Risikogruppen für schwere Erkrankung und Menschen, die verstärkt mit vulnerablen Gruppen zu tun haben, zuerst geimpft werden sollten.“

Autor: dts