Berlin | Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, warnt trotz zuletzt guter Nachrichten vor einer Impf-Euphorie. „Es wird etwas Zeit für die genaue Prüfung der Daten aus den Zulassungsstudien brauchen. Die Stiko wird diese Daten parallel ebenso gründlich prüfen und ihre Impfempfehlung fertigstellen. Wir sind doch alle an einer exakten Prüfung interessiert“, sagte Mertens der „Rheinische Post“ (Donnerstagsausgabe). „Danach kann vorhandener Impfstoff ausgeliefert werden.“ Auch die US-Behörde FDA habe noch keine Zulassung erteilt – „obwohl dort früher mit der Prüfung angefangen wurde“. Die Bundeswehr will logistische Hilfe leisten und Großbritannien erteilte eine Notfallzulassung für den Impfstoff von Pfizer/Biontech.

Mertens bekräftigte, dass sich die Impfungen bis 2022 hinziehen: „Die Impfung der gesamten Bevölkerung kann 2021 noch nicht abgeschlossen werden.“ Dazu machte er folgende Rechnung auf: „Wenn man täglich, also fünf Tage oder sechs Tage in der Woche, 150.000 bis 200.000 Menschen impfen kann – Impfstoffverfügbarkeit und Impfbereitschaft vorausgesetzt – dann kann jeder ausrechnen, wie lange es dauern kann. Dann braucht man zum Beispiel 100 Tage, um 15 Millionen Menschen zu impfen.“

AKK: Bundeswehr-Einsatz bei Impfstoff-Transport möglich

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hält es für machbar, dass die Bundeswehr beim Transport von Corona-Impfstoffen hilft. „Wir könnten das sicher an der einen oder anderen Stelle tun“, sagte Kramp-Karrenbauer der RTL/n-tv-Redaktion. „Was wir nicht sicherstellen können, ist eine durchgehende Kühlkette.“

Die Bundeswehr komme vor allem dann ins Spiel, wenn Impfstoffe vorgehalten werden sollen, die nicht so kalt gelagert werden müssen wie der von Biontech und Pfizer mit rund minus 70 Grad. „Dann übernehmen wir einen Teil der Logistik.“ Zur Frage, ob die Bundeswehr eingelagerte Impfstoffe schützen könne, sagte die Verteidigungsministerin, die Truppe habe bereits im Frühjahr in den eigenen Einrichtungen Masken und wichtiges medizinisches Material gelagert und bewacht.

„Ob das bei Impfstoff-Lagerung und -Transporten notwendig ist, das kommt auch auf die Lagesituation und die Bedrohungsanalyse an, die insbesondere das Innenministerium machen wird.“ Man könne über Amtshilfe sprechen. Zunächst seien aber die Sicherheitskräfte im Innern gefordert, also die Polizei von Bund und Ländern.

Großbritannien lässt Pfizer/Biontech-Impfstoff zu

Die medizinische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel in Großbritannien hat eine temporäre Notfallzulassung für den Corona-Impfstoff von Pfizer und Biontech erteilt. Es handele sich um die „weltweit erste Notfallzulassung eines in einer Phase-3-Studie getesteten Impfstoffs“, teilten beide Unternehmen am Mittwoch mit. Erste Lieferungen sollen demnach innerhalb weniger Tage im Vereinigten Königreich eintreffen.

Man habe dort eine Vereinbarung zur Lieferung von insgesamt 40 Millionen Impfstoffdosen in den Jahren 2020 und 2021 getroffen. Entscheidungen der FDA in den USA sowie der europäischen EMA über mögliche Zulassungen erwarte man im Dezember, so die Unternehmen weiter.

Autor: dts