Lüdge | Im Fall des mutmaßlich tausendfachen Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde gibt es neue Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (Dienstagsausgabe) berichtet, widersprach der Abrissunternehmer, der die Unterkunft des Hauptbeschuldigten abgerissen hat, gegenüber Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR Aussagen der Polizei. Zudem sind im Schutt weitere Datenträger – mehr als zehn Videokassetten – aufgetaucht.

Abrissarbeiter haben im Schutt der Parzelle des Hauptbeschuldigten im Missbrauchsfall Lügde erneut Datenträger entdeckt. Der mit dem Abbruch beauftragte Unternehmer Christopher Wienberg aus Bad Pyrmont fand mehr als zehn Videokassetten. Es ist schon das dritte Mal, dass der 29-Jährige in den Überresten der Behausung Materialien entdeckt, die die Polizei nicht sichergestellt hatte.

Die Ermittler hatten den Tatort am 27. März offiziell freigegeben. Polizei und Staatsanwaltschaft teilten mit, CDs und DVDs hätten in einem Zwischenraum eines doppelten, fest verbauten Bodens gelegen. Reportern von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR sagte der für den Abriss zuständige Unternehmer, er habe diese Aussage nie getätigt.

Er wisse nicht, wo die CDs und Disketten vor dem Abriss verborgen waren. Auch nach dem ersten Fund seien die weiteren Abrissarbeiten nicht vor der Polizei überwacht worden, so Wienberg. Das habe ihn und seine Mitarbeiter verwundert.

Am Montagnachmittag fand Wienberg dann die Videokassetten, als er die letzten beiden Container zur Entsorgung bringen wollte. Neun Container mit 35 Tonnen Schutt und Müll von der Parzelle des 56-jährigen Dauercampers und Hauptverdächtigen Andreas V. sind bereits auf einer Deponie verbrannt worden. Die Abbrucharbeiten auf dem Campingplatz „Eichwald“ laufen seit Dienstag. Polizei und Staatsanwaltschaft wollten sich auf Anfrage nicht zu den jüngsten Vorwürfen äußern.

In einer Pressemitteilung sagten sie, die Tatorte seien sehr aufwändig untersucht worden. Es habe daher keine Veranlassung gegeben, Beamte tagelang für eine Beobachtung der Abrissarbeiten abzustellen. Bei der Auswertung der neuen Datenträger seien bislang keine relevanten Daten gefunden worden. Die Mutter einer Opferfamilie sagte NDR, WDR und der „Süddeutschen Zeitung“, dass sie im Januar und Februar 2019 mehrmals bei der Kriminalpolizei Detmold ausgesagt habe, dass der Hauptverdächtige Andreas V. ihr erzählt habe, wo man am besten Geld oder Wertsachen verstecken könne. Und zwar in der Hausdämmung, hinter der Revisionsklappe der Badewanne, in Hohlräumen oder auch in einem Hohlraum unter dem Boden. Die Polizei habe ihr versichert, man kümmere sich darum.

Bis Montagabend äußerten sich die Ermittler nicht zu der Frage, warum man diesen Hinweisen nicht nachgegangen sei. Auf dem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde soll der Dauercamper Andreas V. mit einem Komplizen über Jahre hinweg mindestens 40 Kinder sexuell missbraucht und dabei gefilmt haben. Die Polizei ermittelt derzeit gegen sechs weitere Tatverdächtige.

Autor: dts