Berlin | Knapp jeder zehnte Pflegehaushalt in Deutschland setzt heute eine Hilfskraft ein, die rund um die Uhr mit in der Wohnung lebt – Tendenz steigend. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, über die die „Süddeutsche Zeitung“ beruchtet. In aller Regel handele es sich um osteuropäische Arbeitsmigrantinnen.

Für mittelständische Familien seien sie oft die einzige Lösung, um den Umzug ihres Angehörigen in ein Heim zu vermeiden. Allerdings scheine „eine den arbeitsrechtlichen Mindeststandards entsprechende Beschäftigung dieser Kräfte kaum realisierbar“, schreiben die Forscher des Instituts für Sozialforschung und Sozialwirtschaft in Saarbrücken. Sie haben im vergangenen Jahr bundesweit mehr als 1.000 Haushalte befragt, in denen Pflegebedürftige leben, die älter als 65 Jahre sind.

Die Wissenschaftler stellten zudem ein soziales Gefälle fest: Mehr als die Hälfte der Familien gab an, vollkommen auf Pflegedienste oder andere professionelle Hilfe zu verzichten. Jeder fünfte Pflegebedürftige werde nur von einem einzigen Menschen versorgt. Im Schnitt benötigen Menschen, die zu Hause gepflegt werden, 63 Stunden Zuwendung in der Woche.

Eine Beratung zu der Frage, wie viel Geld und Unterstützung ihnen gesetzlich zusteht, erreiche „Hauptpflegepersonen aus bildungsfernen Schichten oft nicht“. Auch die gesetzliche Pflegezeit nutzten lediglich sechs Prozent der berufstätigen Hauptpflegepersonen. Außerdem ermittelten die Forscher, dass die Familien im Schnitt 360 Euro im Monat ausgeben, die nicht durch die Pflegekassen gedeckt sind.

Die jüngste Pflegereform werde daran wenig ändern, sagte der Studienautor Volker Hielscher der SZ: „Auch das Geld, das Betroffene nach den neuen Pflegegraden bekommen, wird nicht reichen“, um Menschen mit komplexen Problemen zu versorgen. Gut 70 Prozent aller Pflegebedürftigen in Deutschland werden zurzeit zu Hause versorgt. Für die Bewohner der deutschen Pflegeheime geben die Kassen nach Berechnungen des Bundesgesundheitsministeriums aber doppelt so viel Geld aus.

Autor: dts