Düsseldorf | aktualisiert | Das Landgericht Düsseldorf hat 18 Jahre nach dem Bombenanschlag auf den S-Bahnhof Wehrhahn den Angeklagten freigesprochen. Das Gericht sah seine Schuld nicht als erwiesen an. Dem Angeklagten war zwölffacher versuchter Mord vorgeworfen worden. Die Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) im Regierungsbezirk Düsseldorf und der Opferberatung Rheinland üben Kritik an dem Urteil

Bei dem Anschlag waren vor 18 Jahren zehn mehrheitlich jüdische Kontingentflüchtlinge aus ehemaligen Sowjetstaaten verletzt worden. Ein ungeborenes Baby starb.

„Der Gerichtsprozess und die Zeugenaussage stellen unserer Erfahrung nach für die Betroffenen, aber auch für Zeuginnen und Zeugen, in der Regel eine große Belastung dar. Sei es durch die Konfrontation mit den Täterinnen und Tätern im Gerichtssaal oder die Aussage zu traumatisierenden Gewalterfahrungen. Auch kommt es durch die Befragung der Verteidigung der Täter immer wieder zu Täter-Opfer-Umkehr. „Besonders kritikwürdig finden wir, dass im Prozess deutlich wurde, dass der Täter auch aufgrund gravierender Ermittlungsfehler der zuständigen Behörden kurz nach dem Anschlag nicht ermittelt werden konnte. Unsere Gedanken und unsere Solidarität gelten daher den Betroffenen“ so Johannes Gleitz von der Opferberatung Rheinland.

MBR kritisiert Urteil und warnt vor Anschlägen

„Rechtsterroristische Kreise, wie die beispielsweise kürzlich aufgedeckte Organisation `Combat18´, werden sich jetzt bestärkt sehen. Nachdem erst vor zwei Wochen das EXIF-Netzwerk eine internationale rechtsterroristische Organisation enttarnt hat, werden militante Neonazis das Urteil nun als Ermutigung verstehen“, kritisiert Dominik Schumacher von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus.

Das Düsseldorfer Schwesterblatt report-D berichtete >

Zentralratspräsident Schuster bestürzt über Wehrhahn-Urteil

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat sich nach dem Freispruch im Düsseldorfer Wehrhahn-Prozess bestürzt gezeigt. „Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf im Wehrhahn-Prozess hat mich bestürzt“, sagte Schuster der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Auch wenn er den Freispruch des Angeklagten nicht nachvollziehen könne, so respektiere er die Entscheidung des Gerichts, sagte er.

„18 Jahre nach dem Anschlag auf jüdische Sprachschüler in Düsseldorf-Wehrhahn werden die Täter noch immer nicht zur Rechenschaft gezogen“, sagte Schuster. „Das ist nicht nur schmerzhaft, sondern zutiefst enttäuschend.“ Jetzt müsse umso intensiver weiterermittelt werden, um den oder die Täter zu überführen, forderte der Präsident des Zentralrats der Juden.

Autor: Andi Goral, dts