Köln/Berlin | Nein, Mitleid hat der Vater nicht mit seinem toten Sohn. „Kein Hirn, keine Eier, den ganzen Tag vorm Fernseher“, bilanziert Jakob Broich kaltschnäuzig. Als Erbe für das Reinigungsimperium kam Ingo ohnehin nicht infrage. Seit einer Woche liegt der junge Mann tot in seiner durchgestylten Wohnung, die Leiche stinkt zum Himmel. Mit den Kölner Kommissaren Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) startet das Erste ins neue „Tatort“-Jahr (Dienstag, 1. Januar 2013, 20.15 Uhr, ARD).

Mittendrin in der Folge „Scheinwelten“: Staatsanwalt Wolfgang von Prinz (dargestellt von Christian Tasche). Seine Frau Beate steht dem grantigen und stark pflegebedürftigen Firmenpatriarchen Broich (herrlich gespielt von Hans Peter Hallwachs) ausgesprochen nahe. Jeanette Hain mimt die erfolgshungrige Juristin als echte Zicke, die sich an sich selbst berauscht, es allerdings in erster Linie auf materielle Profitmaximierung abgesehen hat. „Kalt wie ein Fisch, diese Frau“, schlussfolgert irgendwann Bärs Alter Ego Schenk.

Wohl war, denn die „Geschenke“ des reichen Alten tauchten in der Vergangenheit bereits in der Steuererklärung des Herrn Staatsanwalts auf – er hängt mit drin und seine Frau hat keine Skrupel, ihn komplett über die Klinge springen zu lassen. Nach 20 Jahren Ehe ist von der Liebe nichts geblieben.

Der erste „Tatort“ im neuen Jahr hätte ein wirklich spannender Film werden können, denn der Stoff insgesamt ist nicht schlecht. Potentielle Mörder gibt es theoretisch mehrere, schließlich hatte Nichtsnutz Ingo ja nicht nur einen Feind. Auch dass nach 15 Jahren gemeinsamer Arbeit Staatsanwalt von Prinz ausnahmsweise höchst selbst Teil der ballaufschen und schenkschen Ermittlungen werden sollte – nun, auch das ist eine hübsche Idee. Doch sie reicht nicht.

Trick 17 mit den Illegalen

Hätte, könnte, sollte – vor allem der Schluss ist eine ärgerliche Sache, weil zu trivial. Für Kölner Verhältnisse ist das Filmende nahezu enttäuschend. Scheinwelten und Scheinehen liegen in diesem Feiertags-„Tatort“ von Regisseur Andreas Herzog einfach zu dicht beieinander. Buchautor Johannes Rotter hat es sich leicht gemacht: Für die Geschichte um Broichs Gebäudereinigungsfirma nutzt er Trick 17 und schleust einfach einige illegale Einwanderinnen ein. Der Rest der Geschichte passt auf ein Blatt Papier, man nennt es Trauschein.

Schade eigentlich, könnte man meinen. Aber vielleicht ist dieser „Tatort“ auch genau das Richtige für immer-noch-verkaterte-Silvesterpartygänger. Manchmal ist ein Film ja auch ohne Spannung ganz nett.

Autor: Melanie Ahlemeier, dapd