Berlin | Die Stimmung ist gereizt. Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) sind mal wieder nicht gut aufeinander zu sprechen. Es geht um ein verlorenes Schachspiel, die Ehre und Wettschulden. Ach ja, eine Leiche ist soeben auch noch dazu gekommen. Der Heilpraktiker Raffael Lembeck wurde tot in seiner Praxis aufgefunden. Der missmutige Thiel und der eitle Boerne müssen sich also mal wieder zusammenraufen, um „Das Wunder von Wolbeck“ (25. November, 20.15 Uhr, ARD) aufzuklären.

Der Münsteraner „Tatort“ feiert am Sonntag ein rundes Jubiläum: Seit nunmehr zehn Jahren gehen Prahl und Liefers im beschaulichen Münsterland auf Verbrecherjagd. Die beiden Schauspieler haben sich zu den beliebtesten „Tatort“-Ermittlern entwickelt und bescheren der ARD regelmäßig Traumquoten. Dabei beharken sich Thiel und Boerne wie ein altes Ehepaar, oft bieten die „Tatort“-Episoden aus Münster mehr Klamauk als Krimi.

Auch in der aktuellen Folge wird wieder eifrig an der Humorschraube gedreht, etwa wenn die rektale Untersuchung eines Bullens für Boerne nach hinten losgeht und der Professor anschließend mit Kot besudelt auf die Spurensuche macht. Dabei wollte Boerne nur helfen: Das Rindvieh „bringt es nicht mehr“, wie der kauzige Bauer Moritz Kintrup (Stephan Kampwirth) es formuliert. Dass der eifrige Boerne beim Versuch, dem gehemmten Bullen auf die Sprünge zu helfen, auch den verdächtigen Landwirt im Blick hat, versteht sich von selbst.

Unerfüllte Kinderwünsche

Überhaupt dreht sich in diesem „Tatort“ alles um die Fortpflanzung: Das Mordopfer hatte sich auf Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch spezialisiert. Seine Patientinnen waren mit ihm hochzufrieden. Auch betuchte Frauen aus England reisten extra in die westfälische Provinz, um sich von Lembeck behandeln zu lassen. Thiel ahnt jedoch schnell, dass dessen Methoden sich nicht auf Kräuter und Hypnosen beschränkten.

Fortan ermitteln Thiel und Boerne begleitet von Countryklängen auf Weiden und in Ställen in Wolbeck und Umgebung. Dabei treffen sie auf allerlei traurige Gestalten. Und es gelingt dem „Tatort“, neben den humorvollen Episoden wie Boernes trauter Zweisamkeit mit einer Ziege, auch die Verzweiflung dieser Personen einzufangen.

Die aus Polen stammende Frau Kintrups, Milena (Julia Krynke), leidet unter ihrem schweigsamen Ehemann und ihrer gehässigen Schwiegermutter Ruth, einer gebürtigen Freifrau von Miggental. Auch ihre Freundschaft zu Lembecks Witwe Stella (Lina Beckmann) ist erkaltet. Gerüchte über eine Affäre zwischen ihr und dem Mordopfer machen die Runde: Ist Kintrup wirklich der Vater von Milenas Sohn Theo? Und wusste die psychisch labile Stella Lembeck davon?

Verdächtiges Brüder-Trio

Auch alte Feindschaften spielen in dem Fall eine Rolle, wie der Familienzwist zwischen den Kientrups und den Kriens: Die drei Krien-Brüder, der Gastwirt Thomas, der Metzgermeister Bert und der Elektroinstallateur Gerd, die ihren Vater „Eugen Arschloch“ und die ehemalige Freifrau nur „die Von“ nennen, scheinen ebenfalls in den Fall verwickelt zu sein. Das Verhör in Thomas‘ Dorfkneipe, bei dem auch die Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) zugegen ist und ihr röhrendes Kettenraucher-Lachen zum Besten geben darf, zählt zu den Höhepunkten des Films.

Im Jubiläums-„Tatort“ dürfen sich vor allem Prahl und Liefers austoben, Thiels Vater (Claus Clausnitzer) und seine Assistentin Nadeshda (Friederike Kempter) bleiben diesmal im Hintergrund.

Am Ende lenkt Boernes Instinkt Kommissar Thiel mal wieder auf die richtige Spur. Der zeigt sich auf seine Weise erkenntlich, indem er seinem Kompagnon die Wettschulden erlässt.

Autor: Bernd Fischaleck, dapd