Istanbul | Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel ist in einem umstrittenen Prozess in der Türkei wegen „Propaganda für eine terroristische Organisation“ zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend. Das Urteil in Istanbul wurde demnach am Donnerstag in Abwesenheit Yücels gesprochen.

Konkret geht es in der Verurteilung des Korrespondenten der „Welt“ um angebliche Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Vom Vorwurf der Volksverhetzung wurde er Medienberichten zufolge freigesprochen. Antreten wird Yücel seine Haftstrafe aber wohl nicht. Der Journalist hatte sich von Februar 2017 bis Februar 2018 ohne Anklageschrift in einem Hochsicherheitsgefängnis in Istanbul in Untersuchungshaft befunden.

Nach seiner Entlassung aus der Haft kehrte er nach Deutschland zurück. Der Fall hatte für heftige internationale Kritik gesorgt und die deutsch-türkischen Beziehungen schwer belastet.

Steudtner kritisiert Urteil gegen Deniz Yücel

Der deutsche Menschenrechtsaktivist Peter Steudtner hat das Urteil gegen den Journalisten Deniz Yücel in der Türkei scharf kritisiert und Konsequenzen gefordert. „Ich finde das Urteil bestürzend, vor allem mit Blick auf die Pressefreiheit in der Türkei“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Er hoffe, dass es der EU und der internationalen Staatengemeinschaft vor Augen führe, welcher Lage sich Journalisten in dem Land gegenüber sehen.

„Sie sollten die Einhaltung von internationalen Menschenrechtsstandards zur Voraussetzung für eine weitere wirtschaftliche und politische Kooperation mit der Türkei machen.“ Mittlerweile seien 22 Journalisten in der Türkei verurteilt worden, mehrere Dutzend warteten noch auf ihren Prozess, fügte Steudtner hinzu. „Das ist eine unhaltbare Situation. Die Menschenrechtssituation in der Türkei ist katastrophal, und sie verbessert sich nicht. Die internationale Staatengemeinschaft muss das auch so benennen.“

Anwalt von Deniz Yücel will Urteil anfechten

Der Anwalt des Journalisten Deniz Yücel, Veysel Ok, hat angekündigt, Einspruch gegen die Verurteilung seines Mandanten einzulegen. „Das Gericht hat heute das türkische Verfassungsgericht ignoriert“, sagte der Anwalt am Donnerstag der „Bild“ (Freitagausgabe). Yücel war von einem Istanbuler Gericht wegen angeblicher Propaganda für die PKK zu mehr als zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden.

Bereits vor einem Jahr hatte das türkische Verfassungsgericht festgestellt, dass Yücels Artikel von der Meinungsfreiheit gedeckt seien, man habe darin nichts gefunden, was als Anzeichen für Terrorpropaganda oder Volksverhetzung ausgelegt werden könne. „Nach diesem Urteil des Verfassungsgerichtes kann man Deniz weder verurteilen noch verhaften. Aber das Gericht hat heute mit diesem Urteil gegen die türkische Verfassung verstoßen“, so Ok.

„Wir werden dagegen Einspruch einlegen und gegen dieses Urteil kämpfen.“

Autor: dts