Köln | Köln ist ein wichtiger Logistikstandort und Verkehrsknotenpunkt in Europa. Für zahlreiche Infrastrukturbereiche ist dabei der Bund verantwortlich.  Report-k.de befragte CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke und die Piraten in Interviews zu ihren Verkehrs-Plänen nach der Bundestagswahl 2013. Nicht alle haben sich dazu bis heute geäußert, diese Interviews werden nachgeliefert. Volker Beck, MdB und Kölner Grünen-Direktkandidat, kritisiert im Interview, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer für seine Verteilung der Gelder, und fordert gesetzliche Regelungen für die Erneuerung der Rheinschiffe-Motoren.

Report-k.de: Köln ist ein wichtiger Logistikstandort und Verkehrsknotenpunkt in Europa. Wie soll die Region in den nächsten Jahren gefördert werden? Und wie viel Geld soll der Bund für die Region Köln in die Hand nehmen?

 Volker Beck: Für NRW als Ganzes und auch die Region Köln gilt leider, dass der Bund uns systematisch benachteiligt hat. Nach dem in den Bundesländern zur fairen Verteilung immer wieder angewandten Königsteiner Schlüssel stehen dem Land jährlich mindestens 2,2 Milliarden Euro für Verkehrsinvestitionen zu. Es fließen aber nur gut 1,7 Milliarden Euro Jahr für Jahr aus Berlin nach Nordrhein-Westfalen. Um die Dimension deutlich zu machen: Mit diesem Fehlbetrag von mindestens 500 Millionen Euro jährlich könnten allein die maroden Rheinbrücken sofort und umfassend saniert werden. Besonders bei den Schienenwegen hat der Bundesverkehrsminister viele Projekte in Süddeutschland bevorzugt, die die Finanzierung anderer Projekte um mehrere Jahre verzögern. Die verkehrliche Wirkung des Ausbaus Bahnknoten Köln wäre sicher größer als die von Stuttgart 21.

Was ist Ihrer Meinung nach wichtiger: Die vorhandene Infrastruktur, insbesondere die Rheinbrücken zu sanieren, sie auszubauen oder beides parallel?

In den Expertenanhörungen auf allen Ebenen ist man sich einig: Es ist weit billiger, wenn frühzeitig in den Infrastrukturerhalt investiert wird. Neubau ist immer eine sehr kostenintensive Variante. Es gibt aber punktuell Engpässe, in denen tatsächlich Neubau nötig ist. Dies betrifft insbesondere die Schieneninfrastruktur. Wir werden die Güterverkehrszuwächse nicht auf der Straße transportieren können, ohne im Stau zu ertrinken. Der Transport auf Schiene und Wasserwegen ist dazu günstiger und ökologischer.  

Der Bund hält derzeit finanzielle Mittel für die Infrastruktur in NRW zurück. Wie stehen Sie dazu?

Nach Jahren des Aufbaus Ost ist es an der Zeit, die Bedarfslage nach Solidarität ohne geografische Belange neu zu überprüfen. Auch kann es nicht sein, dass Bayern massiv vom Verkehrsminister mit CSU Parteibuch profitiert. Vielleicht sollte Herr Ramsauer seinen Briefkopf genauer in Augenschein nehmen. Das „Bundes-“ im BUndesminister sollte er ernster nehmen.

Am Kölner Hauptbahnhof und an der Steinstraße staut sich der Eisenbahnverkehr. In welchem Zeitfenster sehen Sie den Ausbau des Eisenbahnverkehrs in Köln, sowohl im Personen-, als auch Güterverkehr, Stichwort Eiserner Rhein, Anbindung Antwerpen an?

Hier muss zügig gehandelt werden. Sicher ist, dass die Nordseehäfen in Antwerpen und Rotterdam derzeit erheblich ausgebaut werden. Der entsprechende Verkehr wird durch NRW rollen. Wenn dies nicht auf der Schiene und den Flüssen geschieht, werden LKW-Lawinen im Stau stehen. Und die Pendlerinnen und Pendler mit ihnen. Wenn hier in 10 Jahren nichts Relevantes geschehen ist, haben wir ein großes Problem. Der Nahverkehr Rheinland hat zusammen mit dem Land und der Bahn ein 15-Punkte Programm für Verbesserung am Bahnknoten Köln vorgelegt, das auch in Einzelschritten realisiert werden kann. Hier habe ich im Bundestag Druck gemacht (Bundestagsdrucksache 17/8220).  

Nicht nur in Köln fließt der Rhein mitten durch die Umweltzone. Während für Autos und Lkws strenge Auflagen gelten, gibt es für Rheinschiffe nur eine freiwillige Verpflichtung. Sollte es auch für Rheinschiffe eine gesetzliche Regelung geben?

Ja, da stimme ich zu. Auch wenn die Schifffahrt ein vergleichsweise ökologischer Weg des Warentransportes ist, müssen uralte Antriebe mit hohem Schadstoffausstoß natürlich seitens der Betreiber erneuert werden. Dazu hat Politik die Rahmenbedingungen zu schaffen, um solche Investitionen anzukurbeln. Auch muss die Landstromversorgung für liegende Schiffe ausgebaut werden, damit Güter- und Passagierschiffe nicht ständig ihren Motor laufen lassen müssen, um das Schiff zu versorgen.  

Provokant gefragt: Im Osten wird mit Hilfe des Solidaritäts-Beitrages die Infrastruktur saniert, während im Westen das Geld dafür fehlt. Ist der Solidaritätsbeitrag heute noch gerecht?

Der Solidarbeitrag läuft nach fast dreißig Jahren im Jahr 2019 aus. Anschließend sollte auch im Bereich der Verkehrsinfrastruktur nicht weiter nach Himmelrichtungen, sondern nach akuten Bedarfen finanziert werden darf. NRW hat hier erheblichen Nachholbedarf und wir müssen deutliche Anstrengungen unternehmen, um unseren Wirtschaftsstandort nicht zu schwächen.

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Autor: Frida Baumgarten
Foto: Volker Beck, MdB und Grüner-Direktkandidat im Wahlkreis Köln II