Köln | In Interviews stellen sich die Kölner Direktkandidaten für die Bundestagswahl 2013 den Lesern von report-k.de vor. Dr. Karl Lauterbach kandidiert für die SPD im Wahlkreis Köln IV. Bevor er 2005 Mitglied im Deutschen Bundestag wurde, war er als an der Universität zu Köln als Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie tätig.

Report-k.de: Die Wahl des Direktmandats ist auch eine persönliche Wahl. Stellen Sie sich unseren Lesern bitte kurz vor.

Dr. Karl Lauterbach: Mein Name ist Karl Wilhelm Lauterbach, ich wurde am 21.02.1963 als Sohne einer Arbeiterfamilie in Düren geboren. Ich bin Arzt und Ökonom. Mein Studium der Medizin absolvierte ich in Aachen, Texas (USA) und Düsseldorf und schloss es mit der Promo-tion zum Dr. med. ab. Das Studium der Epidemiologie und Gesundheitsökonomie (Health Policy and Management) habe ich mit der Promotion an der Harvard Universität in Boston, USA abgeschlossen.

Seit ich 2005 erstmals direkt in den Bundestag gewählt wurde, ruht meine Professur am Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie (IGKE) der Universität zu Köln, dem ich bis zu meiner Wahl von 1998 bis 2005 als Direktor vorgestanden habe. An der Harvard School of Public Health in Boston bin ich seit 1996 als Gastdozent tätig.

Warum haben Sie sich für eine politische Laufbahn entschieden? Wie bekommen Sie Ihren Beruf und die Politik unter einen Hut? Was reizt Sie am Bundestagsmandat?

1999 wurde ich als Mitglied in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen berufen, dem ich bis zum Jahre 2005 angehörte. 2003 folgte die Mit-gliedschaft in der Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Siche-rungssysteme, besser bekannt als Rürup-Kommission. Diese intensive Beschäftigung mit dem Thema der nachhaltigen Finanzierung unseres Sozialsystems und der Zukunft unseres Ge-sundheitssystems sowie die persönliche Erkenntnis, dass sich Deutschland immer mehr zu einem Zweiklassenstaat entwickelt, in dem Herkunft mehr zählt als Talent und Leistung, weckten meinen Wunsch nach politischer Gestaltungsmöglichkeit.

Gemeinsam mir meiner Partei der SPD habe ich in den folgenden Jahren das Konzept der Solidarischen Bürgerversicherung entwickelt. Mit unserem Konzept zur Bürgerversicherung haben wir bereits vor Jahren eine tragfähige Alternative zur zukünftigen Finanzierung des Gesundheitssystems vorgelegt. Die Bürgerversicherung genießt breite Unterstützung. Mit dem vorgelegten Vorschlag legen wir ein umsetzbares Konzept vor, das den solidarischen Charakter stärkt, die großen Einkommen einbezieht und dem System insgesamt mehr Nach-haltigkeit in der Finanzierung garantiert.

Mit der Bürgerversicherung wollen wir aber auch einen wichtigen Versorgungseffekt auslösen: In Zukunft sollen die Patientinnen und Patienten gleich behandelt werden – nicht die Versichertenkarte, sondern die Schwere der Erkrankung soll über Schnelligkeit der Behandlung entscheiden. Und weil zunehmend der Zugang zu medizinischen Leistungen erschwert ist, wollen wir mit einem einheitlichen Versicherungssystem für gleiche Versorgungsbedingungen in ganz Deutschland sorgen sowie die Qualität verbessern. Es geht uns darum, eines der modernsten, leistungsfähigsten und gerechtesten Gesundheitssysteme der Welt zu entwickeln, das für alle Bürgerinnen und Bürger da ist. Ich stehe dafür, dass dieses Konzept in die Tat umgesetzt wird!

Was wollen Sie in Berlin für Schwerpunkte setzen?

Die kommende Bundestagswahl wird für uns alle von großer Tragweite sein. Die Weichen müssen gestellt werden in der Europapolitik, für bessere Löhne, gleiche Bildungschancen, gerechtere Steuern und ein besseres Gesundheitssystem. Ich stehe selbst in besonderer Weise ein für ein Gesundheitssystem mit weniger Zwei-Klassen-Medizin, mehr Prävention, mehr Hausärzten und mehr Sicherheit für die Patienten. Auch für unseren Wahlkreis sind das Themen, von denen wir alle betroffen sind.

Die Qualität der Gesundheitsversorgung und in der Pflege darf nicht von Einkommen, Bil-dung oder Herkunft abhängen. Was sind das für unsinnige Konzepte von CDU / CSU und FDP in dem die Krankenschwester soviel für ihre Krankenversicherung zahlen soll, wie ein Chef-arzt, der das Zigfache der Krankenschwester verdient?

Auch die Arbeitsbedingungen in der Pflege und für junge Ärztinnen und Ärzte müssen viel besser werden. Dafür stehen die SPD und Karl Lauterbach. Ich empfinde es daher auch als Freude und Ehre in Peer Steinbrücks Kompetenzteam für die Bereiche Gesundheit und Pflege verantwortlich zu sein.

Was möchten Sie in Berlin für Köln erreichen?

Viele gesetzlich Versicherte fühlen sich als Patienten zweiter Klasse. Ich höre nahezu täglich von Betroffenen, die wochenlange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen, um beispielsweise von einem Facharzt untersucht zu werden.  Und ich höre von Patienten, die als gesetzlich Versicherte erst gar keinen Termin beim Facharzt bekommen. Das betrifft die Menschen in ganz Deutschland aber selbstverständlich auch in meinem Wahlkreis.

In unserem Wahlkreis, wie in ganz Köln, sind alle Familien und alle Bürgerinnen und Bürger auf ein gut funktionierendes und bezahlbares Gesundheitssystem angewiesen. Die Menschen brauchen Sicherheit im Fall von Krankheit oder falls sie Pflege benötigen. Drohende Altersarmut und Pflegenotstände müssen dringend abgewendet werden. Auch für unseren Wahlkreis sind das Themen, von denen alle betroffen sind.

Ich bitte die Wählerinnen und Wähler um Ihre Erststimme bei dieser Wahl, weil wir vor gro-ßen Herausforderungen stehen. Es ist an der Zeit, die notwendigen Reformen gemeinsam anzupacken, für meinen Wahlkreis, für Köln und für ganz Deutschland!

Viele Kommune, darunter auch Köln, sind hoch verschuldet. Wie muss die finanzielle Situation der Kommunen verbessert werden und wie wollen Sie sich hier für Köln einbringen?

In den letzten 20 Jahren haben sich beispielsweise die kommunalen Sozialausgaben nahezu  verdoppelt, bei gleichzeitig sinkenden Steuereinnahmen. Viele Kommunen in Deutschland stehen mit dem Rücken zur Wand. Sie können ihrer primären Aufgabe, der Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge und der sozialen Sicherung nicht mehr nachkommen. Schwarz-Gelb hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an steuerentlastenden Gesetzen durchgesetzt. Für die Kommunen entstanden dadurch Einnahmenausfall von 4,6 Milliarden Euro. Allein für Köln bedeutet das ca. 60 Millionen Euro weniger im Jahr. Die Folge dieser Politik liegt auf der Hand: Wichtige Leistungen müssen eingeschränkt oder völlig gestrichen werden. Die Arbeitsgruppe der Kommunalen Finanzen der SPD-Bundestagsfraktion sieht auch in den westdeutschen Bundesländern immer mehr Kommunen gezwungen, ihre Investitionen drastisch zu reduzieren. Diese strukturelle Unterfinanzierung wird von dieser Ar-beitsgruppe auf mehr als 144 Milliarden Euro beziffert. Wir können den Abwärtstrend also nur stoppen, wenn eine Entlastung der Kommunalfinanzen in mindestens dieser Höhe er-folgt! Meine Partei, die SPD, hat hierzu das Konzept des Kommunalen Rettungsschirms vor-gestellt. Wir setzen uns als SPD für eine faire und nachhaltige Finanzierung unserer Kommu-nen ein, davon wird auch Köln profitieren. Wir wollen eine leistungsfähige Daseinsvorsorge und eine gesicherte öffentlichen Grundversorgung mit beispielsweise Energie, Wasser und Abfallbeseitigung.

Und wir wollen uns für mehr Steuergerechtigkeit einsetzen, davon werden auch die Kom-munen profitieren. Solange es Vermögende in Deutschland gibt, die ihr Geld auf Schwarz-geldkonten in der Schweiz deponieren und  einen Betrag von 10 Millionen Euro öffentlich als Spielgeld fürs Zocken bezeichnen, läuft etwas grundsätzlich falsch.

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Jetzt schon notieren: 22. September 2012 ab 17 Uhr report-k.de Live-Ticker zur Bundestagswahl mit starkem Blick und Fokus auf Köln und in Echtzeit allen Daten, Fakten und Stimmen aus Deutschland und NRW.

Autor: Frida Baumgarten | Foto: SPD
Foto: Dr. Karl Lauterbach, SPD-Direktkandidat im Wahlkreis Köln IV